In eigener Sache: Umzug

Ein schweres Unglück im Leben zeigt einem wie bedeutungslos die meisten Probleme des Alltags sind. Als unwichtig und oberflächlich offenbaren sich plötzlich Dinge, an die man sich zuvor mit Anstrengung geklammert, über die man sich den Kopf zerbrochen hat und die einen nicht einschlafen lassen wollten.

Festplatte ’putt – mal wieder

Meine persönliche Katastrophe dieses Monats war ein Festplattendefekt. „Das ist doch keine Katastrophe“, kann man darauf antworten. Stimmt: Es ist kein tiefer Einschnitt in meinem Leben; Trauer wäre vergeudet; ein bisschen Ärger darf sein.

Im Lebenszyklus eines Rechners allerdings ist so ein Festplattendefekt etwas Außergewöhnliches, etwas ganz Bedeutsames. Manchmal das Ende. Ich nahm dies zum Anlass, zumindest darüber nachzudenken, was für mich bei der Arbeit mit dem Rechner wirklich zählt. Das Reflektieren gibt einem Unglück – auch so einem kleinen – nämlich ein zweites Gesicht: das einer Chance. Eine Chance auszusortieren, was nicht wirklich wichtig ist, sowie zu ändern, was einen stört, um freier weiterzugehen.

Ein Festplattendefekt war für mich im Frühling des letzten Jahres der Auslöser, diese persönliche Internetseite einzurichten. Ein erneuter Festplattendefekt hat mich nun bewegt, von ihr Ballast abzuschütteln und an eine neue Adresse zu ziehen. In derselben Reihenfolge nun ein Abschied von dem, was war, und ein fröhlicher Startschuss für alles, was kommt:

Was war

Ich hatte mir mit Perlebär.de etwas vorgenommen: einen Heimathafen und eine Allzweckkiste für mich im Netz zu schaffen. Das ist gelungen, aber mit mäßigen Erfolgen beim Wie. Natürlich wollte ich es möglichst gut und genau machen …

Die Adresse

Ich hatte mir den Namen Perlebär ausgesucht, konsequent wählte ich die Domain Perlebär.de – mit Umlaut darin. Um das korrekt zu verarbeiten, eignete ich mir das nötige Wissen über die Kodierung von Nicht-ASCII-Zeichen in Domains an und implementierte diese Techniken in die Skripte, die ich für den Betrieb der Seite selbst schrieb. Mit Umlaut in der Domain war es praktisch selbstverständlich, dass auch der Pfad zu meinen Seiten alle deutschen Buchstaben und Sonderzeichen enthalten können musste, sodass sich in der Adresse einer Seite bereits ihr korrekter Titel widerspiegeln konnte. Zeichen im Pfad werden noch einmal anders kodiert, aber als Freund der deutschen Sprache macht man das gern.

Doof ist, dass alle eigene Arbeit nichts hilft, wenn einem jemand eine E-Mail schreiben will, dessen E-Mail-Programm mit Umlauten nicht umgehen kann. Ärgerlich auch, wenn jemand aus der Adresszeile seines Browsers die Adresse einer Seite kopiert, um sie anderenorts in einem Forum weiterzuempfehlen, sie dort nach dem Einfügen aber nur einen hilflosen, unvollständigen Link ergibt. Die Probleme sind zahlreich, mein Einfluss als Betreiber der Seite äußerst beschränkt. Archive, Suchmaschinen, Hilfsprogramme – überall liegen Stolpersteine. Freilich, man kann Browserhersteller oder Gremien für Standards im Netz auf Schwierigkeiten aufmerksam machen und Verbesserungen vorschlagen – heißt aber nicht, dass das berücksichtigt oder auch nur geantwortet wird.

Mein Fazit heute: Selbst wer als Seitenbetreiber die uneinheitlichen, zum Teil viel zu komplizierten Kodierungen alle perfekt umsetzen kann, sollte von Internationalized Domain Names (IDNs) die Finger lassen. IDNs sind ein virtuelles Spielfeld für Spekulanten. Sie sind nichts für Anwender. Nicht-ASCII-Zeichen in Pfaden sollte man möglichst ebenfalls vermeiden – obwohl bei Ihnen zumindest Aussicht besteht, dass sie gut unterstützt werden, wenn sich die derzeit in Arbeit befindliche Generation von HTML einmal in der Breite der betroffenen Software durchgesetzt hat.

Die Gestaltung

Perlebär.de wuchs mit der Zeit im Hintergrund zu einem ziemlich komplexen System heran. Ich kombinierte eine Forensoftware inklusive individueller Darstellung der damit verwalteten Unterforen „Gästebuch“ und „Splitter“, eine komplexe, erweiterbare Auszeichnungssprache für die meisten Artikel, eine andere XML-Sprache für Bilder-Seiten, eine Template Engine, eine Metadaten- und eine Navigationsverwaltung. Es gab einen umfangreichen Administrationsbereich mit Generatoren für Teile der Seiten, Feeds, XML-Sitemaps und Datenbank-Backups. Statistiken zur Benutzung, eine Artikelvorschau in verschiedenen Darstellungsformen sowie das Forenmanagement gehörten ebenso dazu. Alles selbst gebaut. Übrigens auch ein Puzzle-Generator, den ich noch gar nicht einsetzte.

Ich frickelte viel am äußeren Design herum, was mir eigentlich nicht gut liegt und daher besonders anstrengend war. Für den Kopfbereich von Artikeln suchte ich lange nach passenden Fotos.

Mathematische Formeln wurden zum Teil über einen eigenen Konverter mit Hilfe verschiedener Unicode-Zeichen dargestellt. In komplizierteren Fällen konvertierte ich sie auf meinem Rechner in Bilder, um sie dann einzeln in die Artikel einzubinden. Da insbesondere ältere Browser die Unicode-Variante nicht gut unterstützen, bot ich mehrmals Seiten alternativ in PDF-Form zum Herunterladen an.

Ich denke, das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Aber das alles benötigte eine Menge Zeit. Zeit, die natürlich für Inhalte fehlte. Ich habe bei Perlebär.de eines nicht berücksichtigt: KISS – Keep it simple, stupid.

Was ist, was wird

Die Umstellungen haben viele Tage Arbeit gekostet. Teilweise war es schmerzlich, das Alte aufzugeben. Ich kann mir vorstellen, dass nicht jeder den neuen puristischen Ansatz mag. Doch ich denke, die Veränderungen werden sich für mich lohnen. Der Umstieg ist geschafft.

Änderungen

Als neue Domain verwende ich prlbr.de. Das ist Perlebär ohne Vokale. Es ist dieselbe Domain, die ich bereits seit Längerem für Kurz-URLs einsetze. Ohne Umlaut ist nun keine Kodierung notwendig. Jedes Programm kommt damit klar. Auch Die Pfade enthalten keine Umlaute oder Sonderzeichen mehr. Auf dem Server liegen die Seiten nun tatsächlich an der Stelle unterhalb des Document-Root-Verzeichnisses, die der Pfad in der URL angibt. Dadurch ist für mich weniger Umdenken und Umwandeln notwendig.

Mein Kurz-URL-Dienst arbeitet fortan ohne Datenbank.

Eine extra Metadaten- und Navigationsverwaltung entfällt. Sowohl für den Seitenaufbau als auch zum Schreiben nutze ich die einfache Auszeichnungssprache Aneamal. Der automatische Aneamal-HTML-Übersetzer ist zwar ebenfalls selbst programmiert. Allerdings nicht nur für mich allein, sondern dokumentiert als freie Software für jeden verfügbar veröffentlicht. Mathematische Formeln werden einheitlich serverseitig durch mathTeX umgewandelt. Eine große Erleichterung – PDF-Alternativen sind nicht mehr nötig.

Ein Gästebuch betreibe ich nicht mehr. Die Foren-Datenbank und der ganze Administrationsbereich entfallen. Wer mag, kann mir jedoch gern per E-Mail einen Leserbrief senden.

Das Design ist minimalistisch. Auf Bilder zur bloßen Gestaltung verzichte ich. Die Seiten beschränken sich auf das Wesentliche: vorher, nachher.

Erwartungen

Von den Änderungen erhoffe ich mir einerseits weniger Probleme in Verbindung mit Programmen und über Suchmaschinen leichter auffindbar zu sein. Andererseits erwarte ich eine höhere Produktivität bei den Inhalten. Ich werde weniger schrauben, anstatt dessen mehr schreiben.