Notizen zu Monatsnamen
Bereits im vergangenen Herbst hatte ich mir vorgenommen, mich der Sommerzeittyrannei nicht weiter zu beugen. Um den Jahreswechsel nun spielte ich mit dem Gedanken, für prlbr.de neben der Uhrzeit auch den Kalender konsequenter zu gestalten.
Nicht nur sind die Monatslängen mit 31, 28 bzw. 29, 31, 30, 31, 30, 31, 31, 30, 31, 30 und 31 Tagen unnötig unregelmäßig. Auch die Namen sind merkwürdig: Die Monate von September bis Dezember sind die Monate neun bis zwölf des Jahres, ihre Namen allerdings bedeuten siebter bis zehnter Monat. Grund: Einst wurde das Jahr mit dem ersten März begonnen. Vielleicht liegt darin auch die Ursache, wieso Schalttage heute „irgendwo mitten im Jahr“ eingeschoben werden.
Mein Ansatz wäre, 12 Monate à 30 Tage zu wählen und fünf beziehungsweise in Schaltjahren sechs Tage „zwischen den Jahren“ anzuhängen, wie es sich auch im koptischen Kalender verhält. Übrigens veranschlagen in Deutschland Banken jeden Monat mit 30 Tagen, wenn es um die Zinsberechnung geht.
Umsetzen werde ich meinen Ansatz allerdings nicht. Nicht in diesem Jahr. Der Aufwand der Umrechnung schreckt mich dabei nicht ab. Vielmehr konnte ich mich noch nicht auf Monatsnamen festlegen – dieselben wie im gebräuchlichen Umgang mit dem gregorianischen Kalender wollte ich nicht verwenden, da dies zu Verwirrung führen würde. Aber welche dann?
Monate bei Karl dem Großen
Karl der Große nannte die Monate mit Januar beginnend uuintarmanoth, hornung, lenzinmanoth, ostarmanoth, uuinnemanoth, brachmanoth, heuuimanoth, aranmanoth, uuitumanoth, uuindumemanoth, herbistmanoth, heilagmanoth (Einhardi vita Karoli Magni).
Aus der Form springt der zweite Monat, Hornung. Was bedeutet Hornung? Hierfür finden sich die unterschiedlichsten Erklärungen. Von durch Schneeschmelze freigelegtem Schmutz und Kot (Adelung, 1793) über das unehelich gezeugte Kind, welches wie der Februar bei der Zahl seiner Tage zu kurz kommt, (siehe Wanderer, 1867) bis zum Abwerfen des Geweihs des Wildes (Kozianka, 2011).
Was mir an diesen Monatsnamen, vom Hornung abgesehen, weniger gefällt, ist die Endung -manoth/-monat. Freilich ist es im Deutschen üblich, neue Worte durch Zusammenziehen anderer zu bilden – Handtuch, Wintermorgen, Schnellstraße. Andererseits kommt es mir bei den Monaten gleichermaßen überflüssig vor, wie an jeden Namen einer Person -mensch beziehungsweise -frau oder -mann anzuhängen.
Französischer Revolutionskalender
Während der französischen Revolution wurde nicht allein an Staat und Häuptern gerüttelt. Reformiert wurden auch Maße, Einheiten, ebenso der Kalender. Der französische Revolutionskalender, auch republikanischer Kalender genannt, wählte das vortreffliche Schema 30 Tage mal 12 Monate plus 5 oder 6 weitere Tage. Das Jahr begann nach unserer Rechnung am 22. September, dem Jahrestag der Revolution.
Bei den Namen der Monate einigte man sich auf Vendémiaire, Brumaire, Frimaire, Nivôse, Pluviôse, Ventôse, Germinal, Floréal, Prairial, Messidor, Thermidor und Fructidor (Brockhaus, 1911). Darüber hinaus wurden die Monate in drei Dekaden von je zehn Tagen eingeteilt, deren letzter als Ruhetag vorgesehen war. Nur noch einer von zehn, anstatt einer von sieben Tagen zur Erholung – ob das wohl populär war? Die 10-Tage-Woche hat sich noch kürzer als der restliche Kalender gehalten.
Die Monatsnamen klingen in meinen Ohren schön, allerdings bevorzuge ich ein „geglättetes“ Kalenderjahr synchron mit jenem im gregorianischen Kalender beginnen zu lassen. Eine Übernahme der französisch-republikanischen Monatsbezeichnungen würde dabei unnötig für Konfusion sorgen und käme für mich auch deshalb nicht in Frage.
Deutsche Monatsnamen, 19./20. Jahrhundert
Ende des 19. sowie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es vermehrt Bemühungen, deutsche Monatsnamen auszugraben, zu entwickeln und durchzusetzen. Zurückgegriffen wurde dabei auf historische und in Dialekten gebräuchliche Begriffe; es wurde variiert und neu erfunden. Bei Wiktionary etwa werden folgende Monatsnamen aufgelistet: Hartung, Hornung, Lenzing, Ostermond, Wonnemond, Brachet, Heuert, Ernting, Scheiding, Gilbhart, Nebelung, Julmond. Die Einordnung „althochdeutsch“ bei Wiktionary ist allerdings nicht haltbar (Mann, 2002; Weifert, 2003; Lönnecker, 2005).
Erhalt und Förderung der deutschen Sprache betrachte ich als wertvoll. Ich verstehe die Pflege der Sprache als Teil der Bewahrung kultureller Vielfalt in einer globalisierten Welt, nicht als Mittel der Ausgrenzung oder Unterdrückung.
Bedauerlicherweise waren die Grenzen zwischen Kulturpflege, völkischem Gedankengut und Rassenwahn bis hin zum Genozid historisch fließend. So haben Hetze, Krieg und Mord vergällt, was einem eine Herzensangelegenheit sein könnte. Die Sprache ist mir lieb, aber die ideologischen und geschichtlichen Assoziationen bei den in wilhelminischer und später nationalsozialistischer Zeit auch mit politischem Hintergrund germanisierten Begriffen sind unerfreulich.
Ich denke einerseits, man sollte Sprache – auch in jener Zeit geprägte – nicht denen überlassen, die sich heute wie damals der Intoleranz verschreiben. Andererseits möchte ich die Worte auch nicht übernehmen, als wäre nichts geschehen.
Jaguar, Zebra, Nerz, Mandrill
Das Galgenkind merkt sich laut Christian Morgenstern die gebräuchlichen Monatsnamen wie folgt: Jaguar, Zebra, Nerz, Mandrill, Maikäfer, Ponny, Muli, Auerochs, Wespenbär, Locktauber, Robbenbär, Zehenbär (Wikisource). Hier wie an anderer Stelle sympathisiere ich mit Morgensterns Werk. Spätestens seit der letzten Fußballweltmeisterschaft würde ich für den Oktober allerdings eine abweichende Eselsbrücke bauen: Oktopus.
In der modifiziert-morgensternschen Form habe ich eine Tabelle zum Übersetzen der Kalendersysteme erstellt. Anhand dieser kann man sehen, wie die Monate im reformierten Kalender sich mit denen des gebräuchlichen überlappen: Tabelle der Tage des Jahres.
Nicht in diesem Jahr, vielleicht werde ich mich jedoch 2012 des neuen Kalenders bedienen, wenn ich mich auf Bezeichnungen festlegen kann. Womöglich mache ich es wie Morgenstern – oder noch freier – und denke mir eigene Namen dafür aus. Andere Vorschläge sind höchst willkommen.