August Höpfner: Perleberger Reimchronik

72. Die Bürger an den Rath über nothwendige Punkte.

Wenn doch der Rath das Wohl der Stadt
Zu fördern und zu heben hat,
So sagen wir und fragen wir:
Wie denket Ihr von unserm Bier?
Thut einen Zug! Ist’s stark genug?
Beseht das Maaß! Ist richtig das?
Man zapfet uns mit halbem Schaum,
Ihr aber schweigt? Man glaubt es kaum!

Und bleibt nicht fern und sagt uns gern:
Wie denkt Ihr von den Mühlenherrn?
Ihr selbst wohl seid in dieser Zeit
Die Herrn der Mühlgerechtigkeit?
Wird auch die Pacht der Stadt gebracht?
Und hütet Ihr das Waldrevier?
Bezahlt die Pacht nach Recht und Pflicht,
Und kauft das Holz, sonst nehmt es nicht!

Und wenn der Rath das Wohl der Stadt
Zu schaffen und zu fördern hat,
So klagen wir und fragen wir:
Wie setzet solche Richter Ihr?
Die sich gut mühlenherrisch drehn,
Den Wind, doch nicht das Recht verstehn,
Die soll’n entscheiden unsern Streit?
Gerechtigkeit! Gerechtigkeit!

(Nichts Neues unter der Sonne! Aehnliche Zerwürfnisse zwischen Rath und Bürgerschaft, wie 1612.)