49. Rath und Mühlenherrn. (1612 u. 13.)
Joachim Husen ist gestorben,
Der Bürger Stütze, Rath und Hort,
Der um Gerechtigkeit geworben
Und Frieden hat geschafft im Ort.
Die Zeit ist trüb, und schier verschwunden
Ist mannhaft fester Bürgersinn;
Mit tiefen Schmerzen wird empfunden:
Joachim Husen ist dahin! —
„Joachim Husen, Unser Dränger,
Ist todt!“ so jubilirt der Rath;
„Es war nicht auszuhalten länger,
Denn er war schier das Haupt der Stadt.
Nun soll es gehn nach Unserm Willen,
Nun trage Uns das Amt Gewinn;
Es drohn Uns nicht mehr seine Pillen;
Joachim Husen ist dahin!“ —
Der Rath und alle Rathsverwandten,
Der Mühlenherren ganze Schaar,
Hei, wie in Rache sie entbrannten!
Nun nehmen sie der Zeit gewahr.
Den Wald verwüsten sie am Tage,
Sie metzen wie ein Müllerknecht,
Sie sind des Bürgers Angst und Plage,
Und tief im Staube liegt das Recht.
Sie denken nicht an Rechnunglegen,
Kein Großer zahlt dem Rathhaus Pacht,
Und allem guten Brauch entgegen
Vermessen sie das Malz zur Nacht.
Die Bürger schrein, daß man sie höre,
Der Rath verspricht den Ausgleich auch,
Doch sorgt er, daß ihn Keiner störe
In seinem unverschämten Brauch.
Da meldet mit gebeugtem Rücken
Die Bürgerschaft dem Fürsten schwer
Des bösen Rathes arge Tücken,
Und windet sich und seufzet sehr.
Der Churfürst hat nicht Zeit zu retten,
Kaum in die Klageschrift er sah;
Es rief die Stadt in ihren Ketten:
„Kein Husen da! kein Husen da!“
(Die Mühlenherrn, welche hier zum ersten Male in der Perleberger Geschichte auftreten, hatten Besitzrecht an den städtischen Mühlen. Da sie den reichen Familien angehörten, waren sie den Rathspersonen meist verwandt, wenn sie nicht gar selbst mit im Rath saßen. — Der Churfürst hatte sein Auge hauptsächlich auf die rheinischen Erwerbungen gerichtet, und so ließ er die Klagen der Märker unbeachtet.)