August Höpfner: Perleberger Reimchronik

64. Die Wahl des Archidiakonen Joachim Grabow zum geistlichen Inspector. 1653.

Der Pfarrer van der Linden starb in Frieden;
Viel Leid, doch auch viel Lieb’ war ihm beschieden.

Versammelt ist der Rath zu ernstem Werke,
Zur Pfarrerwahl; er bittet Gott um Stärke.

Der Bürgermeister Mellmann spricht: „Im Namen
Des heil’gen und dreiein’gen Gottes! Amen!

„Die ew’ge Gnad’ laß Uns den Rechten finden,
Der als Inspector folg’ dem van der Linden.

„Vorschlagend werd’ ich Dreie nun Euch nennen:
Joachim Grabow, den wir Alle kennen;

„Den Pfarrer Wahrenberg’s, beliebt vom Strome
Der Red’, und Hieronymus vom Dome.

„Ich geb’ die Stimm’ dem Archidiakonen
Joachim Grabow, seine Treu zu lohnen.

„Wie sehr die andern Beide mir empfohlen,
Was hier ich hab’, mag ich von fern nicht holen.“

Drauf Krusemark: „Der Wittwe und den Waisen
Des sel’gen Linden günstig mich zu weisen,

„Möcht einen Wittwer oder Junggesellen
Am liebsten zum Inspector ich bestellen.

„Sonst wird auch Grabow fromm das Amt verwalten,
Doch laßt die Andern Probepredigt halten.“

Und Straube spricht: „Der Fremden kenn’ ich keinen,
Der Grabow will auch mir als passend scheinen.“

Und Konow dann: „Da wir das Amt vergeben,
So lasset uns auch für die Unsern streben.

„Arnoldus Krusemark, der hier geboren,
Der sitzt in Pritzwalk lang schon wie verloren.

„Er predigt gut; o möchten sein wir denken,
Und unsre Stimmen auf den Landsmann lenken!“

Es geben Schmidt und Ludewigk desgleichen
Dem würd’gen Landsmann ihrer Liebe Zeichen.

Servatius Mellmann redet: „Meine Worte
Sind nun gewichtlos, aber doch am Orte.

„Ein guter Schulfuchs ist nach seltnen Proben
Der Hieronymus; man muß ihn loben.

„Als Wüstenpred’ger mag ich nur nicht gelten;
Ich stimm’ für Grabow, doch mein Mann ist selten!“ —

Noch eh’ die Sache ist geführt zu Ende,
Erhebt sich Konow: „Ach, daß ich’s noch wende!

„Wieviel auch Eure Candidaten taugen,
Laßt Arnold Krusemark nicht aus den Augen!

„Er ist ein Landsmann, in officio lange,
Daß er hier treulich wirkt’, wem wäre bange?“ — —

Sie rufen nun Arnoldus in die Schranken;
Erheblich ist die Ursach’, er muß danken —

„Auf, Ehren — Grabow! Du bist eligiret!“ —
„O Herrn, ich hab’ ja Pastor nicht studiret!“

„O, Ehren — Grabow! Du bist reich an Gaben!“ —
„Wer Ackerbau versteht, den müßt Ihr haben.“

„Was zagest Du? Der Herr hat Dich berufen!
Er steht Dir bei im Amt wie auf den Hufen.“

„Ist’s denn beschlossen, nun in Gottes Namen!
Er möge Gnade geben! Amen, Amen!“

(Ein Aufrücken in Vacanzen verstand sich in Perleberg nicht von selbst. — In die Stelle Grabows kam ein Pfarrer Haupt, von Wittenberger Theologen warm empfohlen. Derselbe war früher Soldat gewesen, was der Bürgerschaft nicht geringe Bedenken verursachte. Er opponirte später dem Inspector wie dem Diaconus, bis er 1664 seine Stelle aufgab. Auch Inspector Grabow starb 1664.)