August Höpfner: Perleberger Reimchronik

47. Joachim Husen als Sprecher der Gemeinde.

a. Joachim Husen und die Holzfrevler.

Der strenge Holzvoigt in der Haide
Hat arme Leute abgefaßt,
Die sich, zu wehren ihrem Leide,
Vergriffen da an Stamm und Ast.

Der weise Rath ist gar empöret,
Er zeiget es den Bürgern an,
Weil strenge Strafe dem gehöret,
Der solche Sünde hat gethan.

Der kluge Sprecher der Gemeinde,
Joachim Husen, kam alsbald
Und sagte: „Wehrt dem bösen Feinde,
Der frevelnd raubt in unserm Wald.

„Ja, strafet, strafet ihn gebührlich,
Denn das ist allen Braven lieb,
Doch fahrt, Ihr Herren, nicht willkürlich,
Und in dem Diebe seht den Dieb.

„Und richtet nicht mit großer Eile
Zuerst, so niedrig sind und klein;
Doch seht den Obern, uns zum Heile,
Und Höchsten auf die Finger fein.“ —

Es schluckte diese bittre Pille,
Als wär sie nichts, hinab der Rath,
Und sagte ruhig bloß: „Der Wille
Der Bürger gilt in unserm Staat.“ —

(Die Obersten und Höchsten gebrauchten die Macht in ihrem persönlichen Interesse.)

b. Churfürst Johann George will 100 Tonnen Perleberger Broyhan haben.

Der Churfürst Herr Johann George
Bestellt sich hundert Tonnen Bier;
Den Rath erfüllet das mit Sorge,
Denn daß der Churfürst gerne borge
Und nimmer zahle, weiß man hier.

Zu Lichtmeß will der Herr empfangen
Den edlen Perleberger Saft.
„Ach, wenn wir Zahlung nicht erlangen,
Die wir in Nöthen schwebend hangen,
Wie soll es werden, Bürgerschaft?

„Was rathet Ihr in dieser Lage?
Des Fürsten Wille muß geschehn.
Verlangt Ihr, daß dann Jeder trage
Von Euch sein Theil? das ist die Frage;
Wie? oder soll’n wir borgen gehn?

Joachim Husen sprach: „Ihr Lieben,
Ihr müßt! Drum brauet nach Gebot;
Dann wird die Rechnung aufgeschrieben,
Und die Berichtigung betrieben,
Dieweil das Rathhaus gar in Noth.

Bezahlt das Bier uns Seine Gnaden,
Nun gut, so habt Ihr Euer Geld.
Doch müssen tragen wir den Schaden,
So denkt nachher, ihn zu verladen;
Jetzt braut! der Churfürst hat bestellt.“ —

c. Zu Johann George’s Begräbniß.

Der Churfürst starb, eh von dem Biere
Er einen Tropfen noch gesehn,
Nun sollen zu Begräbniß gehn
Aus Perleberg der Männer viere.

„Der Churfürst hat bei Lebenszeiten
Gesetzt uns in Verlegenheit;
Nun segnet er die Zeitlichkeit,
Das macht uns neue Schwierigkeiten.

„Die Stadt muß sich vertreten lassen
Mit Würde in dem Leichenzug;
Fürwahr, der Schwierigkeit genug,
Denn grausig leer sind unsre Kassen.

„Wir müssen neue Schulden machen;
Man bietet uns ein Darlehn an;
Joachim Husen, tritt heran!
Wie denket Ihr in diesen Sachen?“ —

Und Husen spricht: „Ihr häuft die Lasten
Auf unsre Stadt von Jahr zu Jahr,
Das bringt bedenklich in Gefahr
Die Bürger und den städt’schen Kasten.

„Ein Böses ist’s, das Geld zu borgen,
Ein Böses, bleiben wir zu Haus.
So sucht der Uebel kleinstes aus,
Ihr seid der Rath, Ihr müßt’s besorgen!“ —