42. Der Rath in Nöthen.
„O weh um unsre Schulden, o weh um unsre Noth!
Stets fordert neue Gulden der Fürsten streng Gebot.
Kein Ende mit den Beden, mit Zins und Zies’ und Schoß,
Und dazu harte Reden und Strafen aus dem Schloß.
„Man hört die Spötter blasen in unserm armen Ort,
Daß Schulden keine Hasen, sie liefen ja nicht fort!
Doch ach, das ist es eben, daß noch aus früher Zeit
Viel böse Reste schweben um uns zu ew’gem Leid!“ —
So sprach der Rath, und suchte zu bessern seinen Stand,
Bedachte sich und lugte hinein in’s weite Land.
„Wie liegen Wies’ und Auen dort hinten schön und frei,
Da laßt zum Nutzen bauen uns eine Meierei.
„Es hüte unsre Rinder der Bürger und sein Kind,
Die Bauern auch nicht minder, die unser eigen sind.“
Bollbrügge nun sie bauten. Der Bürger sah’s nicht gern,
Indeß mit Wonne schauten ihr Werk vom Rath die Herrn.
„Bollbrügge sich bewähret durch seine Rinderschaar,
Doch sind wir sehr beschweret, noch lang nicht schuldenklar.
Auch hinten in der Haide ist noch ein weites Lug,
Das bietet reiche Weide zur Schafzucht uns genug.“
Doch trat alsbald entgegen dem Rath die ganze Stadt:
„Wir wollen auch uns regen, Du aber machst uns matt.
Entziehest alle Weiden und Holzung Du uns hier,
So fragen wir bescheiden: o Rath, wo bleiben wir?“ —
Die Zinsen, Strafen, Ziesen, sie gingen ihren Gang;
Das Schuldbuch wuchs zum Riesen, und Allen wurde bang.
Da nahm in großen Sorgen man von dem bittern Kraut,
Da ward, im Forst geborgen, die Schäferei gebaut.
Doch nicht entsprach dem Hoffen des neuen Werk’s Gewinn;
Man sah es an betroffen, die Schöpfung sank dahin.
Ein Welken ist’s und Kranken, stets trüber wird die Zeit;
Hin sind die Hochgedanken der früh’ren Herrlichkeit!
(Die Meierei Bollbrügge bestand nicht lange; die Schäferei wurde 1565 eingerichtet, aber im 17. Jahrhundert wieder aufgehoben.)