August Höpfner: Perleberger Reimchronik

34. Der Rathskeller zur Zeit der Reformation.

Im Rathhaus liegt gen Westen ein schön gewölbter Saal,
Da trank man einst am besten aus schäumendem Pokal.

Der Kellerschenk alleine darf zapfen fremdes Bier,
Und wer Gelüst zum Weine, der stillt es einzig hier.

Es setzt der Rath den Schenken, der schönen Zins ihm bringt,
Denn darauf muß er denken, wie er, was Noth, erschwingt.

„Hier labt nach ernsten Stunden er seine durst’ge Kehl’,
Hier heilt des Tages Wunden die schwer geplagte Seel’.

Hier wird bei freier Hebung besprochen tief und viel
Der reichen Zeit Bestrebung, ihr Kämpfen und ihr Ziel.

Hier wurde nicht getrunken nur um zu trinken bloß,
Es wollte Geistesfunken, wer hier sein Bier genoß.

Der Unterhaltung Frische war unsrer Ahnen Schatz;
Da hinterm eichnen Tische da war’s kein schlechter Platz.

Hei, führt der Bürgermeister Herr Konow dort das Wort,
So reißet er die Geister behende mit sich fort.

Sein Auge Funken sprühet beim Namen Lutheri,
Und seine Wange glühet, belehrt er alle die.

Das dort pulsirt, das Leben beim Humpen Gerstensaft
Entfacht ein schönes Streben der ganzen Bürgerschaft.

Der Keller war die Quelle, die alle Brunnen speist;
Wer trank an dieser Stelle, fürwahr, er trank sich Geist.

(Der Kellerschenke nur durfte Wein und fremdes Bier verzapfen. Es wurde besonders Ruppiner und Zerbster Bier getrunken, obgleich der Perleberger Broyhan auch nicht zu verachten war.)