August Höpfner: Perleberger Reimchronik

29. Die Kapelle sancti crucis. 1505.

Von Havelberg der Bischof war gar ein strenger Mann,
Er rief den Bürgermeister von Perleberg heran.

Und Bürgermeister Dambeck, vergessend seiner Kraft
Und Stellung, kam in Demuth, zu geben Rechenschaft.

„Ihr habet vor dem Thore von Holz ein Bildwerk da,
Das zeigt den Heiland schreitend zum Kreuz nach Golgatha.

„Wir wollen, daß zum Schutze Ihr ihm ein Haus erbaut,
Ihr aber seid dagegen und remonstriret laut.

„Und Dambeck, Du vor andern hast einen Sinn gezeigt,
Der einem Bürgermeister zur Ehre nicht gereicht.

„Dieweil Du solch ein Böcklein, so geben Wir Dir auf,
Daß nach der Stadt, der heil’gen, Du büßend thust den Lauf.

„Und daß aus eignem Beutel Du baust das Gotteshaus;
Bis das geschehen, jag’ Ich zum Tempel Dich hinaus.“ —

Der Bürgermeister Dambeck fuhr seufzend über’s Meer
Und stellte fromm gehorsam die Kreuzkapelle her.

Wohl wurde er erlöset nun aus des Bannes Haft,
Doch hat er schwer geschädigt der Stadt bewußte Kraft.

(Das in Holz gearbeitete Bildwerk war von Conrad Strehlemann gestiftet. 1488 wird es zuerst erwähnt. Der massive Bau der Kapelle wurde 1503 unternommen; nach einer Bestimmung des Rathes sollte sie in Kriegszeiten abgebrochen werden. Bischof Johann ertheilte den Wohlthätern der Kapelle Ablaß. — Die Gegend, wo die Kapelle stand, heißt noch heute die Jerusalemer Felder.)