22. Gewandschneider und Gewandmacher in Perleberg. 1447.
Es waren auch zwei Gilden in dieser schweren Zeit,
Die führten öfter wilden und auch wohl blut’gen Streit.
Die eine Gilde webte das feste „schön Gewand“,
Die andre aber lebte vom Tuchverkauf im Land.
Und wollten nun „die Macher“ verschneiden nach Begehr,
Dann trat als Widersacher die Ausschnittsgilde her.
Sie sprach: „Verkauf der Waare der stehet uns nur frei,
Schon über hundert Jahre, seit Dreizehnhundertdrei.“
Mit Gründen wollte streiten die wackre Weberzunft,
(Sie hatte zu den Zeiten fürwahr schon viel Vernunft,)
Doch riefen unverdrossen die Andern: „Privileg!“
Und wiesen die Genossen auf den geschriebnen Weg.
Und aus den Redekämpfen entsprang wohl böse That,
Es mocht’ den Streit nicht dämpfen der starke, weise Rath. —
Der Churfürst schrieb: „Ihr Herren, Ihr treibt das Ding zu bunt;
Ihr sollt Euch drob nicht zerren, Mein Will’ ist Euer Grund.
„Die Einen sollen weben, die Andern thun den Schnitt,
Und das bei Gut und Leben! Ich will es anders nit.
„Und will ein Weber schneiden, so soll es also sein:
Dann tritt er in die beiden gedachten Gilden ein.
„Das soll ihm auch nicht wehren der Ausschnitt; esto pax!
Doch darf die Zunft begehren zum Einkauf Geld und Wachs.
„Und bleibt mit Euern Gründen, Ihr Weber, Mir vom Leib!
Das Recht werd’ Ich Euch künden, Ich weiß wohl, was Ich schreib’.“ —
(Aus der strengen Strafandrohung ergiebt sich, daß die Feindschaft der Gilden zu argen Ausschreitungen Veranlassung gegeben haben muß. — Die Gewandschneider sind die reichen Kaufherren der Zeit. (Koplüde-Gilde.) Sie errichteten später das Gewandhaus zur Besprechung ihrer Angelegenheiten und zum Vergnügen. Am meisten genannt sind die Gewandschneiderfamilien Strehlemann und Dobbertzin.)