20. Rechnung und Gegenrechnung. 1438.
Die Perleberger schweifen im Mecklenburger Land,
Den Bösen zu ergreifen, der ihre Pferd’ entwandt.
Sie bringen Reimer Plessen wohl hinter Riegel dicht,
Der Reimer schwört indessen, er sei der Räuber nicht.
Wie? war es ein Versehen? Sie glauben nicht daran,
Und hören auch das Flehen des jungen Herrn nicht an.
„He, Freund, nur stillgeschwiegen, sonst reißt uns die Geduld!
Die hier gefangen liegen, sind immer ohne Schuld!“ —
Und wie in Donnerwettern die Blitze sprühn herab,
So sagten Reimers Vettern den Perlebergern ab.
„Ihr da, Ihr sollt es wissen! dieweil Ihr unsern Freund
Uns ohne Grund entrissen, sind wir Euch spinnefeind.“
Die Perleberger nahmen die Drohung ruhig auf,
Die Plessen aber kamen sogleich in raschem Lauf.
Sie raubten, schlugen, brannten auf ihrer Feinde Grund;
Die Perleberger wandten sich an den Städtebund.
Und von der Prignitz Auen geschah ein Rachezug,
Von Mecklenburgens Gauen ward der gesühnt genug.
Herüber und hinüber sind stets die Feinde da:
Die Augen gingen über, wer solchen Jammer sah.
Zwölf Jahre sind verstrichen in dieser Fehden Brand,
Und Keiner ist gewichen, und Keiner reicht die Hand.
Der Churfürst wehrt dem Leide: „So kann’s nicht länger gehn,
Und schuldig seid Ihr Beide, daß so die Sachen stehn.
„Ihr Mecklenburger, stellet nun eine Rechnung auf,
Draus Euer Schad’ erhellet in dieser Fehden Lauf.
Auch hat Mir einzureichen die Prignitz solch ein Blatt,
Dann mögt Ihr Euch vergleichen; das ist Mein Wunsch und Rath.“
Und nach des Fürsten Rede verfuhren die Partein,
So endlich schlief die Fehde der schweren Jahre ein.
Wohl mochte man bezahlen die Pferd’ und Rinder gut,
Doch nicht des Landes Qualen und der Erschlagnen Blut. —
(Solche Rechnungen und Gegenrechnungen zwischen Prignitz und Mecklenburg ließen die Churfürsten öfter zu gegenseitiger Ausgleichung aufstellen. Die obige ist vom Jahre 1438. — Der Städtebund war zwischen den Städten der Prignitz zu feindlicher Abwehr geschlossen. Er wurde 1437 zwischen Perleberg, Pritzwalk, Kyritz und Havelberg mit churfürstlicher Bewilligung erneuert.)