August Höpfner: Perleberger Reimchronik

57. Das desparate Wrack.

Nun ist zum Wrack zernichtet
Die einst so feste Stadt,
Und ganz zu Grund gerichtet,
Was hier geblühet hat.

Wie kirchenstill und schaurig!
Kaum regt sich noch der Wind,
Die Häuser stehn so traurig,
Daß sie verlassen sind.

Die Todten auf den Gassen
Verlangen stille Ruh;
Der Winter deckt gelassen
Mit weißem Schnee sie zu.

Der Bürgermeister schwanket
Heran mit bangem Schritt,
Und wie ein Greis er wanket,
Weil er so schrecklich litt.

„Du sorgst um Deine Heerde!
Ja, Deine Treu ist echt!
Nun mach’ uns in der Erde
Ein stilles Bett zurecht!“ —

Und der mit gläub’gem Herzen
So manches Leid gestillt,
Der Priester kommt in Schmerzen
Ach, wie ein Schattenbild.

„Bist Du es, würd’ger Meister,
Der oft für uns gefleht,
So weih der Ruh der Geister
Denn nun ein letzt Gebet.“

Der Kantor stellt als Dritter
Im Bunde auch sich ein;
Wie ist der Gruß so bitter,
Mit dem er naht den Zwein.

„Du kommst, daß uns nicht fehle
Der letzte Scheideklang;
Wie matt auch Deine Kehle,
Stimm’ an den Todtensang!“

Nun sind die Todten kommen
In ihre Ruhestatt.
Es ist hinweg genommen,
Was hier geblühet hat.