August Höpfner: Perleberger Reimchronik

54. Die Schützengilde in Perleberg. (1558. 1579. 1623.)

Der Raub im Land hat aufgehört,
Der einst die Bürger oft gestört
In ihren Arbeitspflichten;
Indeß des Schießens edle Kunst
Erhält sich in der Bürger Gunst,
Die lassen sie mit nichten.

War sonst ein festes Schloß ihr Ziel,
Nun haben sie zum Waffenspiel
Die Scheibe ausersehen;
Ist einst die Vaterstadt in Noth,
Wenn Kriegesvolk das Land bedroht,
So soll ihr Banner wehen.

Joachim Churfürst sah es gern:
„Befleißigt Euch der Kunst, Ihr Herrn,
Und trefft den Nagel richtig.
Wer Schützenkönig wird allhier,
Dem geb’ Ich frei der Brauen vier,
Weil solche Gilde wichtig.“

Johann George sprach danach:
„Wenn jeden Sonn- und Feiertag
Ihr wollt zum Schießen nützen,
Und nehmt so auf die Kunst Bedacht,
Dann geb ich frei der Brauen acht
Dem besten Eurer Schützen.

„Doch braucht die Armbrust Ihr zu oft;
Wer seinem Land zu dienen hofft,
Muß fleißig Kugeln gießen;
Die Armbrust ward zur Spielerei,
Darum sie Euer Werkzeug sei
Allein zum Vogelschießen.“ —

George Wilhelm, der das Land
Umnachtet sah von Kriegesbrand,
Gebot dem Schützenbunde:
„Wenn Ihr die Brauen wahren wollt,
Und wenn Ich Euch soll bleiben hold,
So ändert Euch von Grunde!

„Und treibt das Ding mit ernstem Sinn;
Der Trinkgelage Zeit ist hin;
Jetzt gilt es, aufzutreten!
Die Muskel straff! das Auge scharf!
Weil keine Kugel fehlen darf.
Uns helfen nur Musketen.“

Doch keine Rettung war’s der Stadt,
Die furchtbar schwer zu leiden hat
In Mangel, Noth und Lasten.
Das grause Wetter zieht daher,
Und es zerbricht im wilden Meer
Das Schiff mit seinen Masten. —

(Der Schützenkönig war durch diese Privilegien von der Bierziese für 4 resp. 8 Brauen befreit. Nach der Zerstörung der Stadt ging die Gilde ein. Erst seit 1848 giebt es in P. eine Schützengilde wieder.)