August Höpfner: Perleberger Reimchronik

43. Eine Schulgeschichte. 1597.

„Die Lehrer kosten schweres Geld,
Und dazu wankt die Pest;
Wie manchen Schüler jetzt behält
Der Vater heim im Nest.
Wozu die vierte Lehrerkraft,
So lang die Pest hier schafft und rafft?
Man kann die Gelder sparen
Und doch die Schul’ bewahren.

„Quartanus! Du! Wir danken schön! —
Ei, hörst Du nicht? — Nun geh!
Es fehlen jetzt so viele Söhn’,
Du bist nicht noth. Ade!“ —
Doch will Quartanus hören nicht;
Er denkt: Ihr nahmt mich ja in Pflicht;
Wie dürft Ihr mich verjagen?
Habt Ihr denn keinen Magen? —

„Es kündet, Rector Mellemann,
Euch an der Rath vom Stuhl,
Daß länger hier nicht bleiben kann
Quartanus an der Schul’.
Drum, kommt er doch, so jagt ihn fort.“
Der Rector spricht bei solchem Wort:
„Wie darf man das mich heißen?
Bin ich ein Hund, zu beißen?“ —

Er nimmt den Baccalaureus,
Den Kantor auf die Seit’:
„Es macht der Rath mir viel Verdruß,
Nun helfet mir gescheidt.
Sind Schuld wir an der Pestilenz?
Laßt uns erbitten Audienz,
Daß wir den Mann behalten,
Der treulich hilft uns Alten.“ —

Und als die Audienz gewährt,
Erscheinen alle Drei
Und melden, wie vom Dienst beschwert
Noch immer jeder sei.
Es fehl’ ein Häuflein Knaben wohl,
Doch sei die Schul’ noch reichlich voll,
Und sollten recht sie’s treiben,
So müss’ Quartanus bleiben.

Von übergroßer Sparsamkeit
Besessen, spricht der Rath:
„Der Mann verdienet nicht zur Zeit,
Daß er noch Fürsprach hat.
Ihn treibt in’s Amt kein innrer Drang, (!)
Auch bracht er Euch zum Müßiggang. (!!)
Er soll nicht ganz marschiren,
Doch muß er jetzt pausiren!“

„Hu!“ sprach der Rector, als sie drauf
Den Abtritt nahmen bald,
„Hu! welchen Jammer hocket auf
Uns Lehrern die Gewalt.
Zu allem Kreuz und Leid und Joch
Nun gar auch die Verleumdung noch!
Auf, laßt in einer Schenken
Das Elend uns ertränken.“ —

(Die Pest von 1597 hörte so bald nicht auf; es mußten vier Todtengräber angenommen werden.)