August Höpfner: Perleberger Reimchronik

41. Die Schule. Ende des 16. Jahrhunderts.

Die Schule steht erweitert da,
Vier Klassen zählt sie nun;
Der früher lenkend auf sie sah,
Darf längst es nicht mehr thun.
Vom Bischof ging das Patronat
Vollkommen über auf den Rath;
Schulmeister und Gesellen
Hat er in’s Amt zu stellen.

Es spricht der Rath: „Ihr Eltern, führt
Die Kinder früh zur Schul;
Ihr Lehrer, thut wie sich’s gebührt,
Und sitzt nicht träg im Stuhl.
Weil statt der Eltern Ihr bestellt,
Weh, wer sein Amt nicht heilig hält!
Und sorgt vor allen Dingen,
Daß wohl Ihr lehrt das Singen.

„Den Katechismus Lutheri
Behandelt gar mit Fleiß;
Wenn Ihr ihn auch erschöpfet nie,
Er sei der Lehre Preis.
Es sei die Schrift von derbem Strich,
Distinguirt und leserlich;
Das Reden zeig’ und Lesen
Von klarem, offnem Wesen.

„Und was nun endlich das Latein,
So schaut Ihr wohl zu viel
In Autors und Poeten ein,
Weil das ein lustig Spiel.
Nein, schaffet in Grammaticis,
Bis solche mehr kein Hinderniß,
Und sorgt für Construiren,
Syntax und Conjugiren.

„Und sind der Monde zwei dahin,
So ordnet stets die Schaar;
Zu oberst, wer von fleiß’gem Sinn
Und immer wacker war!
Und vierteljährlich kommen Wir,
Dann haltet ein Examen Ihr,
Daß deren Art Wir sehen,
Die einst nach Uns hier stehen.

„Wir wollen sie befeuern auch
Zu Ernste in der Lehr’,
Und setzen einen neuen Brauch,
Den lass’ man nicht nachher:
Die sich bewähren hier durch Fleiß,
Erhalten blanken Silberpreis,
Den wir trotz seiner Lasten
Entziehn dem städt’schen Kasten.

„Von Sechs bis Neun ist Unterricht,
Und dann von Zwölf bis Drei,
Doch Nachmittags am Mittwoch nicht,
Da sei die Jugend frei.
Und wer aus Unserm Orte stammt,
Geht Fremden vor im Lehreramt,
Wird er sich stets in Ehren
Und Nüchternheit bewähren.“ —

(Wer die Schule durchgemacht hatte, konnte eine Universität beziehen, wie z. B. von Winterfeld 1550. — Die Zuchtruthe war streng. Der Kantor Hering schlug des Küsters Sohn mit achtzehn Streichen zu Tode.)