August Höpfner: Perleberger Reimchronik

39. Die Beguinen im St. Georgs-Hospital.

Im Hospital Sankt Jürgen saß
Der Beguinen Schaar,
Die oft im Uebermuth vergaß,
Daß sie versorgt hier war.
Es machte ihr nicht eben Noth
Des weisen Rathes ernst Gebot.

Denn tritt ein neues Fräulein bloß
In diesen Tugendbund,
So ist zum Schmause, fein und groß,
Dies Factum schon ein Grund,
Und die Novize opfert hin,
Gepreßt dazu, an zwölf Florin.

Das hört der Rath, dem lange schon
Das Treiben nicht entspricht;
Er fährt heraus in grimmen Ton:
„Ihr, das gehört sich nicht!
Die Uns bezahlt das Einkaufsgeld,
Ist ohne Weitres eingestellt!

„Ein Essen geb’ sie schon, o ja,
Doch einfach sei das Mahl;
Verboten sind convivia
In unserm Hospital.
Die wieder hält so großen Schmaus,
Muß ewiglich zur Stadt hinaus.

„Ihr seid uns ganz und gar zu frei!
Behütet Euern Weg,
Daß immerdar in Ehren sei
Der Beguinensteg.
Den Jürgens hübsch die Wege weist,
Wenn auch das Stift Sankt Jürgen heißt.“ —

(Das St. Georgs-Hospital stammte aus dem 13. Jahrhundert und stand vor dem Parchimer Thore in der Gegend des Kirchhofs, der noch jetzt St. Georg heißt. Es war für fremde, kranke Ritter erbaut; als aber keine Ritter zur Heilung mehr kamen, wurde es an Perlebergerinnen unter der Bedingung vermiethet, daß ihre Hinterlassenschaft dem Hospital verfiel. — Später wohnten daselbst die Beguinen, ein halb geistlicher, halb weltlicher Frauenorden unter Aufsicht des Raths. Sie beschäftigten sich mit Mädchenunterricht, dienten in den Badestuben und bleichten Garn und Leinwand. Die Bleiche war anfänglich bei St. Georg, wurde aber später nach der Wiese verlegt, die jetzt Beguinenwiese heißt. Die Beguinen standen in Bezug auf Sittlichkeit nicht grade in gutem Ruf.)