August Höpfner: Perleberger Reimchronik

28. Die erste Schule. (Ende des 15. Jahrhunderts.)

Bei Sankt Jacoby steht ein Haus
Wohl an der Mauer Rand;
Die Knaben hüpfen ein und aus,
„Dat Scholhus“ ist’s genannt.
Da sollen nun die Bübchen fein
Das Lesen lernen sammt Latein,
Es gar zum Schreiben bringen,
Vor Allem aber singen.

Der strenge Baccalaureus
Ist ein gelehrter Wicht;
Es wird ihm nie zu hart die Nuß,
Und nie zu schwer die Pflicht.
Der Kinder Kreis erhält ihn jung,
Bei Schwunge und Begeisterung;
So führet er die Jugend
Auf sichrer Bahn zur Tugend.

Der Bischof führt das Patronat,
Besichtigt und befiehlt.
Zwei Mark Gehaltes zahlt der Rath,
Daß Schulmonarch nicht stiehlt!
Und unterm Dache ist noch Platz,
Da wohnt er gratis mit dem Schatz.
Kann seiner frommen Seelen
Es an Begeistrung fehlen?

Und kommt ein neuer Schüler an,
Der zahlt „Einspringergeld“;
Und Licht bezieht der würd’ge Mann,
Das ihm die Nacht erhellt.
Zum Jahrmarkt auch, dreimal im Jahr,
Wird ihm sein Theil, wie offenbar;
Die Brod- und Häringsspende
Bedenkt auch seine Hände. —

Und wie sich an Erfolgen reich
Bewähret seine Treu,
Da kommen andre Buben gleich,
Die Schule füllt sich neu;
Sie füllt sich, daß der eine Mann
Nicht allen gleich genügen kann,
Er muß sich schier bequemen,
Lokaten“ anzunehmen.

(Die Brod- und Häringsspende ward von den Erben des Heine Gosekow 1386 bei St. Nicolai für ewige Zeiten gestiftet. — Lokaten sind die Schulgesellen; sie erhielten ihre Speisung bei den Bürgern.)