27. Die Gänseburg.
a. Kaspar Gans giebt die Gänseburg auf.
Wie Perleberg, ein Staat im Staat
An Rechten, Ehr’ und Kräften,
Geachtet ward im Fürstenrath
Und groß ward in Geschäften,
So sank der edlen Ganse Macht,
Die einst die Stadt emporgebracht.
Und wie an ihrer Burg vorbei
Die Handelsschiffe fliegen,
Die Bürger gar mit Jubelschrei
Zur Heimath ziehn vom Siegen,
Da sagt sich grämlich Kaspar Gans:
„Nun ist es aus mit Unserm Glanz!
„Nur fort von diesem Schlosse hier!
Es ist, als ob mit Necken
Viel tausend Spukgespenster Mir
Die alten Bilder wecken.
Mag nicht die Gänseburg mehr ha’n,
So widert Mich die Stätte an!
„Du, schwarzer Heine, komm’ geschwind
Mit Deiner Herzerwählten,
Ich reich’ ein schönes Angebind
Euch jungen Neuvermählten.
Empfangt dies Schloß auf ewiglich
Mit Garten, Wörde, Wiesenstrich.“ —
(Die Gänseburg wird schon im vierzehnten Jahrhundert ein veraltetes Schloß genannt.)
b. Johannes Gans und der Papenholl. 1474.
Der Ritter Jagow nahm darauf
Die Burg, das ganze Gut durch Kauf,
Doch Kaspars Sohn, der Herr Johann
Der sahe mit Verdruß es an.
„Nun ist von seines Hauses Schloß
Verdrängt des Hauses rechter Sproß.
Mein Vater that fürwahr nicht recht,
Weil nun da sitzt ein fremd Geschlecht.
„Verschenkt die Burg in böser Laun’
Bis auf den Nagel an dem Zaun.
Ei, ist denn auch verschenket wohl
Der Wiesengrund, der Papenholl?
„Gehört er auch dem Jagow zu?
Mein lieber Freund, den nutzest Du?
Ich sag’ Dir, laß das Mähen sein!
Denn dieser Wiesenstrich ist Mein!“ —
„Du irrst, Johann, den kauft’ Ich mit,
Mit Rechte thu Ich da den Schnitt.“
So brach denn neue Fehde aus,
Und ward gekämpft manch blut’ger Strauß.
Der Markgraf sprach: „Ihr werthen Herrn,
Wir sehen solchen Streit nicht gern.
Durch Zeugen stelle der Notar
Die Sachen dieses Kaufes dar.“
Für Jagow zeugte Perleberg,
So kam zu Stand das Friedenswerk.
In seinem Herzen dacht’ Johann:
„Töw, Perleberg! das merk’ Ich an.“
(Der strenge Herr Ritter Matthias von Jagow hatte die Burg für 12 stendalische Mark gekauft. — Die Wiese Papenholl lag bei Groß-Breese.)
c. Die Perleberger nehmen Johannes Gans gefangen. 1479.
„Töw, Perleberg! Das merk’ Ich an!“
So hat Johann gesprochen.
„Töw, Perleberg! Ich bin der Mann,
Euch Freche auszupochen.
Was mischt Ihr Euch in unsern Streit,
Als ob Ihr Meine Richter seid?“ —
Wohl trotzte hinter Thurm und Wall
Die Stadt des Feind’s Gedränge,
Doch offen lag dem Ueberfall
Der Höfe große Menge,
Und daß Johann erzürnet war,
Es brachte Noth und viel Gefahr.
Von Sükow kam und Dergenthin
Und Laaslich schlimme Kunde.
„Johannes Gans! o greifet ihn!
Er brennt hier in der Runde,
Er schlägt hier Eure Leute todt!
Erbarmet Euch um solche Noth!“ —
Wohl that’s den Perlebergern Leid,
Den Gansen zu bekriegen;
Doch gutes Recht mag wohl zur Zeit
Das gute Herz besiegen.
Sie rafften kräftig sich empor,
Den Gansen griff der Mannen Chor.
„Johann, wohl dankt der Ganse Huld
Die Stadt ihr fröhlich Leben,
Doch trägst nur Du die ganze Schuld,
Daß wir das Schwert erheben.
Nun schwöre Frieden unsrer Stadt,
Die nichts an Dir gesündigt hat.
„Dein Ahne, merk’ es Dir, Johann,
Dein sel’ger Namensvetter,
Der uns so große Huld gethan,
Dein Ahne ist Dein Retter.
Nun ziehe heim zu Weib und Kind,
Die gar um Dich in Aengsten sind.“ —
(Besitzungen auf dem platten Lande hatten die Dobbertzin in Steinberg, Rosenhagen, Lübzow, Gramzow; die Strehlemann in Roddan, Lennewitz; die Rulow in Klein-Berge. Die Stadt besaß Spiegelhagen und Höfe in Laaslich, Sükow, Dergenthin.)