24. Die weisen Perleberger. 1460.
„Er ist ein Mecklenburger zwar,
Wir wollen doch ihn hangen;
Denn als er raubte offenbar,
Ward er von uns gefangen;
Und immer ist es recht und gut,
Wenn man ein Beispiel giebt mit Muth.“
So sprach zu Perleberg der Rath,
Und Alle sagten: „Amen!
Weil Mönche er beraubet hat,
Gescheh’s in Gottes Namen!
Gen Wilsnack war’s auf heil’ger Fahrt,
Die Strafe ist erst recht nicht hart.“ —
Der Seiler drehte einen Strang,
Der Galgen ward errichtet,
Das Pfäfflein kam, zum letzten Gang
War es dem Strolch verpflichtet,
Und fast war Leid und Lied zu End’,
Da hat sich noch das Blatt gewend’t.
Es schrieb der Herr von Mecklenburg:
„Was thut Ihr! laßt Euch rathen!
Durch Meine Hände geht hindurch,
Was Meine Mannen thaten.
Nun schickt Mir Meinen Knecht sogleich,
Sonst aber sag’ Ich: „Wehe Euch!“ —
„Ein Glück, daß er noch zappeln kann“,
So sprach der Rath der Alten,
„Nun nehmt vorerst herab den Mann,
Wir wollen Sitzung halten.“
Und als die Sitzung war vorbei,
Da gab der Rath den Schelmen frei. —
Nun sag mir aber Einer dies:
War Perleberg so feige?
Und ging, weil es den Strolch entließ,
Schon jetzt sein Muth zur Neige? —
Wer denkt von Perleberg zu groß!
Nicht Feigheit war’s, nur Weisheit blos!
Denn seht, die Mauern waren alt,
Zerbrochen und zerfallen,
Und kam der Feind mit Sturmgewalt,
Welch Unheil drohte Allen!
Es drohte wahrlich mehr Gefahr,
Als werth des Hängens Schauspiel war.
Doch daß sie nothgedrungen nicht
So weise öfter wären,
Ward schnell die Mauer neu erricht’t
Auf Jedermanns Begehren.
Der Churfürst um der Bürger Ruh
Gab volle dreißig Schock dazu. —
(Der erste urkundlich beglaubigte Fall, daß der Rath zu Perleberg ein Todesurtheil aussprach. Churfürst Friedrich II., der grade zu Wilsnack weilte, schenkte Perleberg 30 Schock Groschen, den eingestürzten Theil der Stadtmauer neu zu errichten.)