August Höpfner: Perleberger Reimchronik

3. Marktprivilegium der Schuster in Perleberg. (1239.)

Die Schuster gehn zum edlen Gans:
„O schütze unsrer Innung Kranz!

„Es bieten hier die Waaren aus
Viel Schuster, die gar fern zu Haus.

„Die Fremden nehmen uns das Brod,
Die Fremden bringen uns in Noth.

„Verbiet’s, und führ’ uns sichern Weg
Nun gnädig durch ein Privileg.“ —

Die Bitte höret Herr Johann,
Der edle Gans, nicht huldreich an.

„Bald tretet Ihr wohl wieder her
Mit neuen Wünschen und Begehr!“

Doch Nicolas, sein Advokat,
Ertheilt zu Schusters Heil den Rath.

Da redet Gansen: „Nun wohlauf,
So schreib für sie das Marktrecht auf,

„Und was Uns giebt ein Werksgenoß
In jedem Casus — solidos.“

Mit Freuden nimmt des Schusters Hand,
Was ihr der Edle zugewandt.

„Wir sind die Ersten nun im Ort,
Des Schusters Wille herrscht hinfort.

„Gewahrt sei bis an’s letzte End’
Ein tapfres Schusterregiment!“ —

(Die Handwerker jener Zeit waren hörige Leute, doch bald bildeten sie Innungen und kauften sich los. Dann herrschte der Innungszwang. Jeder Meister hatte in der Innung Stimmrecht. Das ganze Handwerk nahm den Lehrling an, beschloß über Dingung und Kündigung der Knechte (Gesellen), über Lohn und Arbeitszeit; nicht ein einzelner Meister. — Solidus ist eine mittelalterliche Silbermünze.)