Deutschland nach der letzten rechtsextremen Regierung
am Beispiel von Brandenburg, Sachsen und Thüringen
Das Jahr 2024 gilt vielen Kommentatoren als Superwahljahr. In den bevölkerungsreichsten demokratischen Staaten der Erde – Indien, USA und Indonesien – werden Abgeordnete fürs nationale Parlament oder ihr Staatsoberhaupt neu gewählt. An zweiter Stelle der größten politischen Wahlen des Jahres steht noch vor den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika die Europawahl, also die Wahl zum Parlament der Europäischen Union.
In Deutschland gibt es Kommunalwahlen und im September Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Ich würde das Etikett Superwahljahr
allein deswegen nicht verwenden. Bei sechzehn Landesparlamenten plus Bundestag können in jedem Jahr irgendwo deutsche Bürger ihre Vertreter neu bestimmen. Die Landtagswahlen 2024 erhalten trotzdem von bundesweiten Medien besondere Aufmerksamkeit. Ein Grund ist, dass in der ersten Jahreshälfte in Umfragen eine rechtsextremistische Partei führte.1
Rechtsextreme stellen öfter als Bürger mit anderen politischen Präferenzen in den Vordergrund, dass sie Deutschland besonders lieben würden. Ich finde die Kombination aus rechtsextremer Gesinnung und proklamierter Liebe zum eigenen Land allerdings kurios: In unserer Geschichte gibt es keine andere Regierung, die Deutschland so arg zugrunde gerichtet hätte, wie es die letzte rechtsextreme Regierung tat. Wieso wählt, wer unser Land zu lieben meint, also Rechtspopulisten und Rechtsextremisten?
Auf dieser Seite habe ich einige Fotos zusammengetragen, welche die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam, Städte Thüringens und die sächsische Hauptstadt Dresden im Jahr 1945 zeigen – nach zwölf Jahren rechtsextremistischer Herrschaft.
Wir sehen im Krieg zerbombte Wohnhäuser, zerstörte Industrie, Kirchenruinen, Überreste eines einst prächtigen Schlosses: Verheerungen des Zweiten Weltkrieges. Zunächst hatte das nationalsozialistische Deutsche Reich andere Länder Europas mit Krieg überzogen. Dann kam der Krieg zu uns, zu jenen, die ihn entfacht hatten. Erst aus der Luft, dann auf dem Boden.
Die Bilder zeigen keinen der Abermillionen im Krieg gefallenen Soldaten oder getöteten Zivilisten. Auch zeigen sie keinen der Millionen von Menschen, welche die rechtsextreme Regierung aufgrund jüdischer Wurzeln, abweichender politischer Ansichten, Krankheit oder anderer Vorwände ermorden ließ. Der nationalsozialistische Staat vernichtete systematisch Menschen in besetzten Ländern ebenso wie eigene Bürger fernab der Front.
Doch nicht erst in Kriegstagen brachte der Rechtsextremismus Zerstörung nach Deutschland: Von Anfang an wurden Werke hierzulande wirkender Maler wie Wassily Kandinsky, Paul Klee, Franz Marc oder Otto Müller als entartet
verunglimpft, beschlagnahmt, verscherbelt oder vernichtet. Musiker durften wegen ihrer Ahnentafel nicht auftreten. Erich Kästner konnte zusehen, wie man seine Bücher öffentlich verbrannte. Werke dutzender deutschsprachiger Autoren wie Heinrich Heine, Joachim Ringelnatz, Kurt Tucholsky und Stefan Zweig wurden in die Flammen geworfen.
Das Land der Dichter und Denker
vertrieb Dichter und Denker. Beispielsweise Theodor W. Adorno, Hannah Arendt, Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Erich Fried, Else Lasker-Schüler, die Manns, Robert Musil, Erich Maria Remarque und Carl Zuckmayer verließen Deutschland und das 1938 angeschlossene
Österreich.
Ähnlich wie Kulturschaffenden erging es Wissenschaftlern. Die rechtsradikale Säuberung
des Wissenschaftsbetriebes fegte zahlreiche Talente und Spitzenforscher fort. Einige flüchteten vor Verfolgung, andere wurden schlicht vergrault. Vom einstigen mathematischen Zentrum von Weltrang in Göttingen blieb daher schon vor dem Krieg wenig.
Zahlreiche kluge Köpfe aus Deutschland und Österreich – Albert Einstein, Kurt Gödel, John von Neumann, Emmy Noether, Carl Ludwig Siegel, Hermann Weyl und andere – fanden in den Vereinigten Staaten Zuflucht oder eine neue Heimat und trugen zum wissenschaftlichen Aufstieg jenes Landes bei. Max Born, Sigmund Freud und Fritz Haber emigrierten nach England.
Nach dem Krieg kehrte letztendlich sogar mancher Nazi dem vom Nationalsozialismus zerstörten Land den Rücken und vollbrachte Pionierleistungen in anderen Nationen, etwa Wernher von Braun für das US-amerikanische Raumfahrtprogramm.
Die letzte rechtsextreme Regierung wollte ein Tausendjähriges Reich
errichten. Nach nur 12 Jahren lag Deutschland am Boden. Der Staat verlor einen erheblichen Teil seines Territoriums und dessen Einwohner mussten ihre Heimat verlassen. Der Rest wurde geteilt. Es dauerte 45 Jahre, bis Deutschland wieder vereint wurde.
Ich frage mich manchmal: War es ein Fehler, Schönheiten wie die Dresdener Frauenkirche wieder aufzubauen und damit Zeugen der Zerstörung und des Leides zu tilgen, welche die rechtsextremistische Herrschaft über Deutschland gebracht hatte? Vielleicht wären verbliebene Ruinen inmitten deutscher Städte eine wirksamere Mahnung vor der extremen Rechten als Gedenktage.
- Die AfD wird im jeweiligen Land vom Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen als
gesichert
(Medieninformation vom 8. Dezember 2023) bzw. vom Amt für Verfassungsschutz Thüringen als
rechtsextremistische Bestrebungerwiesen rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung
(Verfassungsschutzbericht 2022) bewertet. Der AfD-Landesverband in Brandenburg wird vom hiesigen Verfassungsschutz alsrechtsextremistischer Verdachtsfall
eingestuft (Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2023). - Quelle: Bundesarchiv via Wikimedia Commons, Bild 183-W0412-0014 / CC-BY-SA 3.0 DE
- Quelle: Bundesarchiv via Wikimedia Commons, Bild 170-369 / CC-BY-SA 3.0 DE
- Quelle: Bundesarchiv via Wikimedia Commons, Bild 170-422 / CC-BY-SA 3.0 DE
- Quelle: Bachhaus Eisenach via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
- Quelle: Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0
- Quelle: Carl Zeiss AG via Wikimedia Commons, frei verwendbar für nicht kommerzielle Nutzung
- Quelle: Deutsche Fotothek via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 DE
- Quelle: Deutsche Fotothek via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 DE
- Quelle: Deutsche Fotothek via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 DE