Dreiecke, Höhen und Geschwister

Was ein Dreieck ist, weißt Du. Worum es sich bei der Höhe eines Dreiecks handelt, hast Du gewiss gelernt und Höhen von Dreiecken berechnet – wenigstens in der Schule. Rechnen werden wir auf dieser Seite nicht, aber wachzurufen, was Höhen sind, kann nicht schaden. Was Du vielleicht noch nicht weißt: Fast alle Dreiecke haben genau drei Geschwister, mit denen sie durch ihre Höhen verbunden sind …

Dreiecke

Ein Dreieck erhält man, wenn man drei Punkte, die nicht allesamt auf einer Geraden liegen, jeder mit jedem auf kürzestem Weg verbindet. Die Punkte können wir Eckpunkte, die Verbindungen Seiten des Dreiecks nennen. Je zwei Seiten des Dreiecks bilden in der Ecke einen Winkel, den wir einen Innenwinkel des Dreiecks nennen.

Ein Dreieck heißt stumpfwinklig, wenn es genau einen Innenwinkel besitzt, der mehr als 90° misst. Es heißt rechtwinklig, wenn es genau einen Innenwinkel mit 90° besitzt. Es heißt spitzwinklig, wenn alle Innenwinkel jeweils kleiner als 90° sind. 90 Grad, ein rechter Winkel, entsprechen einer Vierteldrehung, also $\frac{\tau}{4}$ beziehungsweise $\frac{\pi}{2}$ im Bogenmaß.

Höhen

A B C H
Abbildung 1: Ein spitzwinkliges Dreieck mit den Eckpunkten A, B und C. Eingezeichnet sind außerdem die Höhen und der Höhenschnittpunkt H.

In spitzwinkligen Dreiecken erhält man eine Höhe, indem man einen Eckpunkt auf kürzestem Weg mit der gegenüberliegenden Seite verbindet. Den Punkt, wo die Höhe die Seite trifft, nennt man Höhenfußpunkt oder Lotfußpunkt. Höhe und Seite treffen in einem rechten Winkel aufeinander. Alle drei Höhen schneiden sich in einem Punkt, dem Höhenschnittpunkt, auch Orthozentrum genannt.

A B C H
Abbildung 2: Ein stumpfwinkliges Dreieck △ABH. Grau durchgezogen sind auch die Höhen eingezeichnet. Verlängert man sie, schneiden sie sich im Höhenschnittpunkt C.

Bei einem stumpfwinkligen Dreieck liegen nicht alle Höhen im Dreieck. Aber auch hier handelt es sich bei einer Höhe um die kürzeste Verbindung zwischen einem Eckpunkt und jener Geraden, auf der die dem Eckpunkt gegenüberliegende Dreiecksseite liegt.

A B C H
Abbildung 3: Ein stumpfwinkliges Dreieck △BCH. Grau durchgezogen sind auch die Höhen eingezeichnet. Verlängert man sie, schneiden sie sich im Höhenschnittpunkt A.

Man konstruiert die Höhen, indem man die Seiten des Dreiecks verlängert und von den Eckpunkten das Lot auf die jeweils gegenüberliegende (verlängerte) Seite fällt. Verlängert man die Höhen ebenfalls, schneiden sie sich auch beim stumpfwinkligen Dreieck in einem Punkt, dem Höhenschnittpunkt. Er liegt außerhalb des Dreiecks.

A B C H
Abbildung 4: Ein stumpfwinkliges Dreieck △AHC. Grau durchgezogen sind auch die Höhen eingezeichnet. Verlängert man sie, schneiden sie sich im Höhenschnittpunkt B.

Geschwister

Dir wird nicht entgangen sein, dass die Abbildungen 1, 2, 3 und 4 eigentlich immer die gleiche Konstruktion zeigen und nur ein bisschen anders eingefärbt und gestrichelt sind. All die unterschiedlichen Dreiecke △ABC, △ABH, △BCH und △AHC sind miteinander verwandt, ein spitzwinkliges und drei stumpfwinklige Geschwister sozusagen.

Wenn man nur ein einziges spitz- oder stumpfwinkliges Dreieck gegeben hat, kann man die anderen drei Geschwister seiner Familie stets konstruieren. Man muss dafür nur einen einzigen neuen Punkt ermitteln, nämlich den Höhenschnittpunkt des gegebenen Dreiecks.

Einzelkind?

Bei rechtwinkligen Dreiecken sind zwei der drei Höhen identisch mit den Katheten – den beiden kürzeren Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks – und der Höhenschnittpunkt fällt genau auf den Eckpunkt am rechten Innenwinkel. Schaut man sich die Eckpunkte und den Höhenschnittpunkt eines rechtwinkligen Dreiecks an, sieht man daher nur eines statt vier Geschwister-Dreiecke.

A B D
Abbildung 5: Ein rechtwinkliges Dreieck △ABD. Der Eckpunkt D am 90°-Innenwinkel ist zugleich Höhenschnittpunkt und doppelter Höhenfußpunkt des Dreiecks.

Sind rechtwinklige Dreiecke also Einzelkinder? Nicht wirklich: Nimmt man ein spitzwinkliges Dreieck und verschiebt einen Eckpunkt so, dass es zum rechtwinkligen Dreieck wird, verschwinden nur zwei der vier Geschwister. Die anderen Geschwister – das einst spitzwinklige und eines der stumpfwinkligen – werden hingegen deckungsgleich. Ein rechtwinkliges Dreieck hat also einen eineiigen Zwilling!

Vielleicht erscheint es Dir albern, über einen „unsichtbaren“ Zwilling zu reden, aber es ergibt durchaus Sinn. Zieht man beispielsweise im Fall ohne rechten Innenwinkel vom flächenmäßig größten der Geschwister-Dreiecke die Flächen der anderen ab, erhält man als Ergebnis null. Das klappt genauso beim rechtwinkligen Dreieck – aber nur, wenn man den überlagerten Zwilling berücksichtigt.