März 2014

Straße von Spiegelhagen nach Lübzow, 17. März 2013

Artikel

Manche Gleichungen lösen sich quasi selbst
Manche komplizierte Gleichungen kann man einfach lösen, indem man für die Unbekannte einen beliebigen Wert einsetzt, dadurch einen neuen Wert gewinnt, und die Prozedur wiederholt …
Durch die Silge … vor dem Bau der A 14
Nach unserer Altmarkwanderung gen Wittenberge legten Migo und ich am Tag der Deutschen Einheit einen Pausentag ein, bevor wir am 4. Oktober 2013 die Silge durchquerten, wo in naher Zukunft Planungen zufolge die Bundesautobahn 14 gebaut werden soll.

Massenvernichtungswaffen und der Krimkonflikt

Anfang März 2011 drückte ich große Bedenken vor einem militärischen Eingriff der NATO in den Libyen-Konflikt aus. Dass meine Bedenken auf den Verlauf der Geschichte keine Auswirkungen hatten, ist keine Überraschung. NATO-Staaten, allen voran Frankreich, bombten die libysche Armee weg und führten so die aus einigen arabischen Ländern unterstützen Rebellen zum Sieg. Das libysche Staatsoberhaupt Muammar al-Gaddafi wurde infolge eines NATO-Angriffes auf einen Konvoi gefasst, offenbar misshandelt und getötet. Aufnahmen aus diesen letzten Minuten seines Lebens geisterten durch die Medien.

Das Hauptbedenken, dass ich gegen ein Eingreifen vor diesen Ereignissen äußerte, war das verheerende Signal auf andere politische Führer in der Welt, hatte doch Libyen erst wenige Jahre zuvor seine Bemühungen um Massenvernichtungswaffen offengelegt, beendet und Anlagen zu ihrer Gewinnung demontiert. Mit dem Verzicht auf Massenvernichtungswaffen hatte der bevölkerungsarme Staat ein Abschreckungspotenzial gegen Angriffe von außen praktisch aufgegeben. Der Lohn keine zehn Jahre später: ein ebensolcher Angriff mit anschließendem Lynchen.

Muammar al-Gaddafi war nicht das erste Staatsoberhaupt, dessen Verzicht auf Massenvernichtungswaffen bestraft wurde. Auch dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein wurde die Abschaffung seines Arsenals nicht gedankt. Im Gegenteil: Von einer „Koalition der Willigen“ unter Führung der von George W. Bush II. regierten USA wurden Massenvernichtungswaffen schlicht unterstellt und als Kriegsanlass genommen, wobei sie mangels tatsächlicher Existenz freilich kein Abschreckungspotenzial ausüben konnten.

Auch von Husseins Hinrichtung geisterte Videomaterial durch die Medien. Hussein hatte viele Menschenleben auf dem Gewissen, weshalb eine harte Strafe gewiss gerechtfertigt ist (wobei ich allerdings Gegner der Todesstrafe bin). Doch wie dem auch sei – die Botschaft hier wie da ist: Traut „dem Westen“ nicht. Rüstet nicht ab. Besorgt euch die schlimmsten Waffen, die ihr bekommen könnt, und macht glaubhaft, dass ihr sie einsetzen würdet, damit es erst gar nicht zum Krieg kommt. Jene, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltlosigkeit predigen – und dies in ihren eigenen Ländern dankenswerterweise auch meist einhalten –, sind stets bereit, in anderen Teilen der Erde Interessen und ideologische Ansichten mit Gewalt durchzusetzen.

Neuerdings zurück im Klub der Gewalttäter: Russland. Als die Sowjetunion zerbrach, war plötzlich eine Reihe neuer, unabhängiger Staaten im Besitz atomarer Waffen, darunter die Ukraine. Die Ukraine gab ihre Nuklearwaffen an Russland ab und bekam im Gegenzug unter anderem von Russland Garantien zur Achtung der Souveränität und der bestehenden Grenzen. Jüngst, knapp zwanzig Jahre später, hat sich Russland mit der Krim ein Gebiet einverleibt, das vor einem Monat unstrittig ukrainisch war.

Ich bin nicht überzeugt, dass der Besitz von Kernwaffen seitens der Ukraine Russland in diesem speziellen Einzelfall von einem solchen Schritt abgehalten hätte. Die Bevölkerungssituation und Abhängigkeiten im Bereich Russland/Ukraine/Krim stellen sich ganz anders als in der Auseinandersetzung „westlicher Staaten“ mit den Diktaturen in Irak oder Libyen dar. Dennoch ist auch hier die Botschaft: Der Verzicht auf Massenvernichtungswaffen wird nicht belohnt. Garantien sind nichts wert.

Zu den Staaten, die davon längst ausgingen, gehören wohl Israel und Nordkorea. Dürfte es irgend jemanden wundern, wenn in den kommenden Jahren weitere Länder Lehren aus der Geschichte ziehen und sich ebenfalls mit Massenvernichtungswaffen eindecken? Meiner Auffassung nach haben die alten Atommächte der NATO (USA, UK, Frankreich) und Russland durch ihr Verhalten die Anstrengungen zur Nichtverbreitung von Kernwaffen schwerwiegend unterminiert. Falls China seine Territorialansprüche im Süd- und Ostchinesischen Meer ebenfalls mit militärischer Macht durchzusetzen versuchen sollte, könnte auch in jener Region der Ruf nach Abschreckung durch Massenvernichtungswaffen laut werden.

Schneemigo

Migo im Schnee, 17. März 2013