Schockbilder auf Zigarettenpackungen

Das Parlament der Europäischen Union hat heute, am 8. Oktober 2013, beschlossen, dass zukünftig schockierende Bilder – etwa von durchs Rauchen schwer geschädigten Lungen – auf Zigarettenverpackungen abgebildet sein sollen. Ich als Nichtraucher möchte das nicht. Ich möchte nicht in der Schlange an der Kasse eines Geschäfts stehen und regelmäßig absichtlich abstoßenden Bildern ausgesetzt werden. Und ich finde es auch nicht angemessen, Raucher dazu zu nötigen.

Wenn Rauchen so gefährlich ist, dass man potenziellen Konsumenten keine rationale Entscheidung mehr zugestehen mag, die auf Grundlage der längst auf Zigarettenschachteln gut zu lesenden Hinweise wie „Rauchen kann tödlich sein“ ja möglich sein sollte, dann sollte man überlegen, Herstellung und Vertrieb dieser Tabakprodukte genau wie bei anderen Drogen gänzlich zu verbieten.

Falls man allerdings der Meinung ist, dass Verbote selbst bei stark gesundheitlich schädlichen Substanzen nicht der richtige Weg seien – es ist eine nachvollziehbare Position, den Menschen eine freie Entscheidung über ihr eigenes Wohl und Wehe zuzugestehen – warum legalisiert man dann nicht auch andere Drogen? Und warum gesteht man den Menschen dann nicht auch die freie Entscheidung zu, in welcher Form sie sich über Für und Wider von Zigarettenkonsum informieren?

Ich habe den Eindruck, dass man das Rauchen quasi verbieten möchte – nämlich solange mit gesetzlichen Regelungen (wie immer weiter eskalierten Zwangshinweisen oder durch Steuerpolitik) nachzusteuern, bis keiner mehr raucht, nur ohne das böse Wort „Verbot“ in den Mund zu nehmen. Das ist in etwa so, als würde man auf Anzeigen an Autobahnen erst Hinweise wie „Raser schädigen das Klima“, dann überall Bilder von zerfetzten Unfalltoten aufhängen und als nächstes vielleicht noch über Lautsprecher die Straßen mit Schmerzensschreien beschallen, doch die Schilder mit der Geschwindigkeitsbegrenzung im Depot liegen lassen.

Ich sehe darin, einer ständigen, staatlich verordneten Ekelpropaganda ausgesetzt zu sein, keinen freiheitlicheren Weg als in einem sachlich begründeten Verbot. Aufwendiger, teurer und ineffektiver scheint mir der Propagandaweg allerdings zu sein. Tatsächlich freiheitlicher, wenn auch noch ineffektiver ist es, den Menschen ein freiwilliges Informationsangebot darzubieten und sie selbst entscheiden zu lassen.

Was meinen Sie dazu?

Kommentare

  1. Ich denke, dass Leute, die abhängig sind (kenne ein paar), von solchen Hinweisen nur wenig erzogen werden können. Sicherlich wird der Konsum für manchen noch schwerer mit dem Gewissen vereinbar werden, aber letztlich ist die Sucht doch ziemlich stark.

    Für Leute, die noch nicht komplett abhängig sind oder mit dem Gedanken spielen, "Einzusteigen", mögen die Bilder ausreichend abschreckedn wirken, aber ob das die Zahl der Irritierten und angewiderten Nichtraucher aufwiegt?

  2. Es wird dadurch ein Markt für Programme für Fotoapparate, Mobiltelefone und vor allem zukünftige Brillen mit Funktionen zur Realitätserweiterung geschaffen, die dann die Schockbilder automatisch durch Blumenwiesen oder kleine Kätzchen ersetzen,

    meint Martin.

  3. Abstoßende Bilder geschädigter Organe auf Zigarettenpackungen?
    Mit meinen Zeilen möchte ich nicht eine Pro- oder Contra-Polarisierung bewirken. Es sind Fragen eines Lesenden und Ausführungen zu meinem Empfinden, die das Grundanliegen des Artikels, Denkanstöße zu geben, eventuell auf benachbarte Ekelgebiete erweitert.
    Vorausgeschickt sei: Derartige Bilder an der Kasse im Zigarettencontainer stören mich persönlich nicht, wenn sie anderen Leuten helfen würden, die Finger davon zu lassen. Was mich nicht erreichen soll, davor schließe ich mein "inneres Auge". Die Grenze wäre bei mir überschritten, wenn die Darstellungen auf dem Essenstisch einer Gaststätte stünden.
    Sind die Schaustellungen eine "weiche Maßnahme", statt eines gesetzlichen, also strengen Verbots? Mir scheint es ein Spagat zu sein.
    Die Industrie, die Lobby, auch der Staat verdienen viel am Tabakkonsum, an diesem großen, einträglichen Geschäft und andererseits gibt die Gesellschaft, auch der Einzelne, viel her, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Der Staat gibt Millionen und "Abermillionen" (an Steuergeldern) aus für Medikamente, rettende medizinische Behandlung im Allgemeinen und auch für Amputationen im Besonderen. Die Krankenkassen legen ihre Ausgaben auf die Beitragshöhe ihrer Mitglieder um. Wir alle zahlen letztendlich für Unvernunft und ungute Lebensweise.

    Besser den Konsum generell verbieten oder dem Genießer und dem Süchtigen das wahre mögliche Gesicht des farbigen Erkrankungsspektrums zeigen? Derjenige, der sich noch als Genießer und nicht als sein eigenes Opfer fühlt, wird in gewohnter Manier auf einen Sack altbewährter , eher gesundheitsfördernd-konservierter Beispiele zeigen, wie auf den verehrten Altbundeskanzler Helmut Schmidt, ein Ausbund an Vernunft und Vorbild für eiserne Disziplin, den Schöpfer vieles Guten.
    "Ich habe es nicht nötig, es schmeckt eben".
    Einen Abhängigen, einen Süchtigen, werden die Bilder weniger abschreckend interessieren. Er wird sich andererseits kaum als freier Bürger aus eigenem Antrieb hinreichend informieren und letztendlich sprechen: "Aha, na dann eben lieber nicht mehr".

    Es ist ein Spagat. Was ist die beste Maßnahme der Wahl?
    - Stumpfen wir zu schnell ab, würden wir die Scheußlichkeiten täglich sehen?
    - Alltagstrott: Beachten wir die Gefährdungen zu wenig, wenn wir nicht öfter an diese erinnert werden? Daher: "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte".
    - "Aus dem Auge, aus dem Sinn". Bleiben wir zu blauäugig, wenn man uns die Gefährdungen nicht drastisch vor Augen führt, denn derartig Erkrankte sieht man selten auf der Straße oder hilfsweise in der Kassenschlange. Man sieht sie eben kaum, außer im OP des Krankenhauses oder im Leichenschauhaus. Und: "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß".

    Gut, nun wird hier mal aufgezeigt, wie schlecht es ist – für einen momentan ausgewählten sehr schmalen Bereich. Es gibt aber weitere große Felder. Betätigungsfelder, zu denen in wenigen Gedanken gehören:
    - Was ist mit dem Alkohol, der Darstellung und der vorbeugenden Bekämpfung von Missbrauchsfolgen?
    - Was ist mit Gewaltvideos/Computerspielen, die sich auch in Kinderzimmern austoben und Rücksichtnahme, Mitgefühl und Toleranz zu Fremdworten werden lassen?
    - Was ist mit den fast täglich vom Fernsehschirm flimmernden Krimis, sofern bei diesen Gewaltverbrechen im Vordergrund zu stehen scheinen und Nachahmer ermuntern?
    - Was ist mit brutalen Tötungsmethoden bei Großfischen und Meeressäugern?
    - Was ist mit dem massenhaften Totschlagen von Pelztieren? ... und weiteren Beispielen, auch wenn nicht jedes vor unserer Haustür stattfinden mag.
    - Was ist mit dem Verfüttern von Fleischabfällen an vegetarisch lebende Tiere und daraus entstehende Krankheiten?
    - Was ist mit den jahrzehntelang verschleppenden Regelungen für artgerechte Tierhaltungen?
    - Was ist mit den aus Habgier (oder zwecks Vermeidung monetärer Verluste) vollzogenen Umetikettierungen, teil verdorbener Lebensmittel?
    - die Kette ließe sich fast beliebig fortsetzen.
    Sind hierfür Regelungen durch die Berufsverbände, hinreichende Regelungen durch den Gesetzgeber, zeitnahe juristisch wirksame Maßnahmen eingeleitet und hinreichend popularisiert worden – zur Abschreckung und zum Schutz der Individuen?
    Es ist "ein weites Feld". Nur das Schließen der Augen ermöglicht süße unbeschwerte Träume
    meint Chris

  4. Vielen Dank für die Gedanken und Anregungen, Chris. Schon an der Zahl erwähnter Themenfelder sieht man, dass bei den Abgeordneten nach den Beschlüssen zu Tabakwaren keine Langweile einkehren braucht. Im Gegenteil könnten den Damen und Herren die Köpfe rauchen, wenn allem die angebrachte Aufmerksamkeit gewidmet würde.

    Martin