Farbfotos in Graustufen umwandeln
inklusive Anleitung, wie man es in GIMP umsetzt
Wie wandelt man ein digitales Farbfoto in ein Schwarzweißfoto um? Es gibt nicht nur eine, sondern zahlreiche Möglichkeiten, die alle ihre Berechtigung haben und doch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dieser Artikel stellt eine Reihe von ihnen vor – bei den meisten samt Erläuterung, wie man die Konvertierung mit dem für mehrere Betriebssysteme kostenlos verfügbare Grafikprogramm GIMP realisiert.
Doch zuerst, um Missverständnisse zu vermeiden, eine Klarstellung: Mit Schwarzweißfotos sind an dieser Stelle Bilder mit vielen Graustufen gemeint. Sie enthalten also nicht nur schwarz und weiß, sondern auch alle möglichen Zwischentöne, wie man es von Fotografien mit klassischen Schwarzweißfilmen aus alten Tagen kennt. Über reine Schwarz-Weiß-Bilder im wörtlichen Sinn schreibe ich ein anderes Mal.
Als Beispiel dient ein Farbfoto aus Perleberg, Abbildung 1. Das komplette bunte Bild auf dem Monitor wird aus nur drei Farben gemischt: rot, grün und blau. Wenn Sie mit einer guten Lupe Ihren Bildschirm genau betrachten, können Sie die winzigen roten, grünen und blauen Subpixel eventuell sogar erkennen.1
Auf Bildsensoren gewöhnlicher Digitalkameras findet man Ähnliches vor: Auf ihnen liegen in einem Raster angeordnet mehrere Millionen Sensorpunkte, die entweder rote, grüne oder blaue Anteile des Lichts registrieren.2 Die Parallelen zum menschlichen Auge sind kein Zufall: Neben den nur helligkeitsempfindlichen Fotorezeptoren besitzt es drei Typen sogenannter Zapfen fürs Farbsehen, die entweder kurzwelliges, blaues Licht, mittelwelliges, grünes Licht oder langwelliges, rotes Licht wahrnehmen.
Ein Pixel eines digitalen Farbfotos weist dementsprechend drei Komponenten auf: rot, grün und blau (RGB). Nehmen alle drei Komponenten denselben Wert an, dann erscheint uns der Bildpunkt grau. Abbildung 2 stellt neun Schwarzweißversionen des Beispielfotos nebeneinander, bei denen die Grauwerte jeweils auf unterschiedliche Weise aus den RGB-Komponenten des Farbfotos errechnet wurden.
Zerlegen in Farbkanäle und Farbfiltersimulation
Ein Farbfoto weist drei Farbkanäle auf; für ein Schwarzweißfoto benötigt man einen einzigen Grauwert … Kann man einfach einen der Farbkanäle auswählen und als Grauwert verwenden? Ja, nichts einfacher als das! Nimmt man den roten Farbkanal für die Grauwerte, erhält man ein Schwarzweißfoto mit einem auf langwelliges Licht begrenzten Spektrum. Der blaue Farbkanal liefert ein Schwarzweißfoto aus dem kurzwelligen Bereich des sichtbaren Lichts. Dazwischen liegt der grüne Farbkanal.
In GIMP 2.8 findet man die Funktion über die Menüs Farben → Komponenten → Zerlegen. Wählt man hier RGB und entfernt das Häkchen für in Ebenen zerlegen, erstellt das Programm drei Graustufenbilder, wovon je eines den roten, grünen und blauen Farbkanal repräsentiert.
Digitale RGB-Bilder machen es einem leicht, Schwarzweißbilder eines begrenzten Spektralbereichs zu erzeugen. Eine Erfindung der Digitalära der Fotografie ist dies aber nicht. Schon vor Einführung des Farbfilms verwendeten Fotografen Farbfilter – farbige Glasscheiben, die sie auf das Objektiv aufschraubten –, um Schwarzweißfilm nur mit Licht eines begrenzten Spektralbereichs zu belichten.
Roter Farbkanal
Der vielleicht populärste Effekt von Rotfiltern beziehungsweise bei Wahl des roten Farbkanals eines Farbfotos ist, dass ein klarer Himmel sehr dunkel wirkt. Zu weißen Wolken ergibt sich ein starker Kontrast. Haut hingegen wirkt oft künstlich wie bei einer Porzellanpuppe, rote Lippen oder gerötete Wangen heben sich nicht mehr ab. Die bläulichen Venen unter der Haut können aber verstärkt hervortreten. Der rote Farbkanal ist daher das Mittel der Wahl, möchte man einer Mücke eine Anflugsbeschreibung bereiten.
Grüner Farbkanal
Der grüne Farbkanal bringt oft weniger kontrastreiche Bilder als der rote oder der blaue Farbkanal. Das mag daran liegen, dass der grüne Spektralbereich zwischen rotem und blauem liegt. Dinge, die blau sind, enthalten oft auch noch einen gewissen Grünanteil, ebenso findet sich in rötlichen Arealen oft schon etwas Grün.
So pauschale Aussagen gelten natürlich nicht immer. Die vorwiegend rot-weiße brandenburgische Flagge etwa ist im grünen Farbkanal deutlich kontrastreicher als im roten Farbkanal. Auswendig zu lernen, welcher Farbkanal in welcher Situation nützlich ist, ist schwierig. Ausprobieren ist leichter. Am besten ist aber, wenn man versteht, was die Auswahl eines Farbkanals bewirkt.
Der Farbkanal bestimmt, welche Farbe im Graustufenbild heller, aber gut ausdifferenziert wird. Die anderen Farben werden abgedunkelt und verlieren Nuancen. Da der Grünanteil allerdings schon im Farbbild den größten Einfluss auf das menschliche Helligkeitsempfinden hat, ist dieser Effekt bei Wahl des grünen Farbkanals oft weniger auffällig als bei den anderen beiden. Weiß bleibt weiß, da im weißen Licht alle Farben stecken.
Blauer Farbkanal
Wählt man den blauen Farbkanal zur Grauwertbestimmung, werden blaue Bereiche stark aufgehellt, rote Areale hingegen abgedunkelt. Letzteres besorgt, dass Hautreizungen und -unreinheiten hervorgehoben werden.
Gelber Farbmix
Ein Mix aus rotem und grünem Farbkanal bietet einen guten Kompromiss. In vielen Situationen wird der Kontrast etwas erhöht, ohne zu dramatisch zu wirken. Haut wird natürlicher als im roten und reiner als im grünen Bereich wiedergegeben. In der analogen Schwarzweißfotografie gelten Gelbfilter als die populärsten Farbfilter.
Einen Gelbfiltereindruck kann man sich in GIMP über Farben → Komponenten → Kanalmixer zusammenmischen, indem man bei aktiviertem Kästchen Monochrom für den roten und grünen Kanal jeweils den Wert 50 einstellt.
3 M: Minimum, Median und Maximum
Beim oben beschriebenen Zerlegen eines Farbfotos in Farbkanäle greift man für die komplette Aufnahme auf einen einzigen Farbkanal zurück. In diesem 3-M-Abschnitt steht ebenfalls die Entscheidung für einen einzigen Farbkanal an. Allerdings wird die Entscheidung jetzt nicht konsequent fürs ganze Bild gefällt, sondern für jeden einzelnen Pixel neu.
Minimum
Bei der Minimumumsetzung wird für jeden Bildpunkt der kleinste Wert der RGB-Farbkomponenten ausgewählt. Es entsteht ein tendenziell dunkles Bild. Ob man mit GIMP eine Minimumkonvertierung vornehmen kann, ist mir nicht bekannt.
Median
Beim Median wird für jeden Pixel aus den drei Farbkomponenten der mittlere Wert für den Grauton übernommen. Ob man mit GIMP eine Mediankonvertierung vornehmen kann, ist mir nicht bekannt.
Maximum
Den größten Wert aller Farbkomponenten jedes Pixels übernimmt schließlich die Maximummethode. Es entsteht in der Regel ein helles Bild.
Mit GIMP lässt sich ein Bild in die Maximum-Darstellung über das Menü Farben → Komponenten → Zerlegen umwandeln. Wählt man HSV und entfernt das Häkchen für in Ebenen zerlegen, erstellt das Programm drei Graustufenbilder, wovon eines die Intensität des maximalen Farbkanals jedes Pixels wiedergibt: Das V kürzt dabei das englische Wort value, deutsch Wert, ab.
Die gräuliche Mitte
Die bisher vorgestellten Methoden neigen zu Extremen, sei es durch Konzentration auf einen Farbkanal oder stete Wahl einer Helligkeitsstufe der drei Grundfarben. Die kommenden Varianten entsättigen das Bild konservativer. Bei der Benennung halte ich mich an GIMP – es mag sein, dass andere Programme die gleichen Namen anders verwenden oder die gleichen Methoden anders bezeichnen.
In GIMP erreicht man die folgenden Methoden über die Menüs Farben → Entsättigen. Helligkeit, Leuchtkraft und Durchschnitt können dort ausgewählt werden.
Helligkeit
Der Grauwert jedes Pixels wird bei dieser Methode als arithmetisches Mittel aus Minimum und Maximum der Farbkomponenten ermittelt.
In GIMP kann diese Umwandlung übrigens auch über Farben → Komponenten → Zerlegen bei Wahl des HSL-Farbraumes realisiert werden. L steht dabei für lightness, deutsch Helligkeit.
Leuchtkraft
Bei dieser Methode fließen alle Farbkomponenten in den Grauwert eines jeden Pixels ein, allerdings mit unterschiedlich starker Gewichtung. Dies soll der menschlichen Farbwahrnehmung entgegenkommen, gemäß der Blau als besonders dunkel, ein Grün gleicher Intensität hingegen als hell wahrgenommen wird.
Dazu, welche Gewichtung der menschlichen Wahrnehmung am ehesten entspricht, gibt es allerdings verschiedene Meinungen. Ich vermute, dass es nicht die eine perfekte Verteilung gibt. Selbst wenn man Menschen mit diagnostizierter Farbenfehlsichtigkeit ausnimmt, könnte sich die Wahrnehmung von Mensch zu Mensch leicht unterscheiden.
GIMP berechnet die Leuchtkraft mit der Formel 0.21 × R + 0.72 × G + 0.07 × B und nutzt diese Variante auch bei der Einstellung Bild → Modus → Graustufen. Des Weiteren lässt sie sich über eine Zerlegung mittels Farben → Komponenten → Zerlegen bei Auswahl von YCbCr ITU R709 256 als Y-Komponente erzeugen.3
Eine alternative Gewichtung bringt die Zerlegung bei der Wahl von YCbCr ITU R470 256. Dort wird die Leuchtstärke-Komponente Y als 0.299 × R + 0.587 × G + 0.114 × B berechnet.
Durchschnitt
Bei der Durchschnitt-Methode wird der Grauwert als arithmetisches Mittel, also als durch drei geteilte Summe der drei Farbkomponenten gebildet. Womöglich ist diese Variante jene, an die Sie beim Thema SW-Konvertierung zuerst gedacht hätten?
Weitere Möglichkeiten
Mit den bisher geschilderten Methoden ist das Ende des Laternenpfahls natürlich noch nicht erreicht. Die RGB-Werte lassen sich nach Lust und Laune frei zu Grauwerten kombinieren. Hatten wir bereits Median, arithmetisches und gewichtete arithmetische Mittel der Farbkanäle, liegt der Gedanke an andere klassische Mittelwerte wie das harmonische Mittel, das geometrische Mittel und das quadratische Mittel nicht fern.
Eigene gewichtete arithmetische Mittel der Farbkanäle RGB lassen sich in GIMP über Farben → Komponenten → Kanalmixer bei aktiviertem Kästchen Monochrom zusammenstellen. Das Kästchen Leuchtstärke erhalten zu aktivieren, kann nützlich sein.
Beschränkungen und Ausblick
Die Umwandlung vom Farb- zum Schwarzweißbild ist nur ein Schritt von mehreren möglichen bei der Entwicklung eines Fotos. Auch wenn hierbei schon unterschiedliche Bildeindrücke herausgearbeitet werden können, greifen die vorgestellten Methoden in mancherlei Hinsicht nur zurückhaltend ins Bild ein. An zwei Punkten sieht man dies gut.
Zum einen haben alle genannten Techniken gemeinsam, dass sie jeden Pixel isoliert betrachten. Stellen Sie sich vor, Sie müssten als Fußballtrainer allein anhand medizinischer Werte eines Spielers entscheiden, ob Sie ihn für eine Partie aufstellen – ohne ihn mit der Kondition anderer im Kader zu vergleichen, ohne zu sehen, mit wem er harmoniert, ohne zu prüfen, ob Sie für seine Position nicht schon genug Spieler aufgestellt haben, aber ein Torwart noch fehlt. Möglich ist das, aber man kann manchmal mehr aus der Mannschaft herausholen, wenn man bei der Auswahl einzelner die anderen im Blick behält.
Zum anderen sind die vorgestellten Methoden tatsächlich „nur“ Mechanismen zur Farb-Graustufen-Umwandlung: Auf ein farbiges Bild angewandt enfalten sie mit unterschiedlichen Ergebnissen ihre Wirkung. Auf ein Graustufenbild angewendet ändert aber keine der Methoden irgendetwas! Was für Graustufenbilder gilt, trifft auch annähernd auf Farbbilder mit geringer Sättigung wie Abbildung 3 zu.
Abbildung 4 zeigt: Während die unterschiedlichen Methoden der Grauwertfindung beim bunten Foto des Hauses zu verschiedenen Resultaten führen, sind die Ergebnisse beim Foto der Freileitungsmasten kaum zu unterscheiden.
Sind bei einem solchen Bild Hopfen und Malz verloren? Keineswegs, man kann selbstverständlich auch ein Schwarzweißbild oder ein kaum gesättigtes Farbfoto in verschiedene Richtungen entwickeln. Doch das ist ein Thema für einen anderen Artikel …
- Manche Monitore besitzen zusätzlich weiße Subpixel, um die Darstellung bei hellem Umgebungslicht zu verbessern.
- Typischerweise wird die Hälfte der lichtempfindlichen Fläche eines Bayer-Sensors für grüne und je ein Viertel für die Rot- und Blauanteile genutzt. Es existieren allerdings auch andere Sensoren. Im weniger regelmäßig aufgebauten X-Trans-Sensor von Fujifilm sind fünf von neun Sensorpunkten grünempfindlich und je zwei von neun rot- beziehungsweise blauempfindlich. In Kameras der Firma Sigma eingesetzte Foveon-X3-Sensoren arbeiten mit mehreren Sensorschichten, wobei diese teildurchlässig sind, sodass fürs Licht roter, grüner und blauer Wellenlänge jeweils die ganze Sensorfläche genutzt werden kann.
- Die Koeffizienten liegen tatsächlich etwas präziser bei 0.2126 × R + 0.7152 × G + 0.0722 × B.
Kommentare
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Über die Wirkung der Farbkanäle habe ich mir nie aktiv den Kopf zerbrochen. Gut zu wissen, was man erreichen kann, wenn man weiß, was man tut ;)
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Wenn man Freude an der Beschränkung auf einen bestimmten Wellenlängenbereich hat, wie es bei Auswahl eines der Farbkanäle der Fall ist, ist vielleicht auch die Beschäftigung mit Infrarotfotografie interessant. Digitale Kamerasensoren sind für infrarotes Licht in der Regel empfindlich, haben aber einen Sperrfilter gegen dieses eingebaut. Bei Apparaten für Wechselobjektive kann man jenen vom Fachmann teils entfernen lassen. Setzt man dann einen Sperrfilter gegen sichtbares Licht vors Objektiv, erhält man eine reine IR-Aufnahme. Ich selbst habe dies noch nicht probiert, nehme aber an, dass man so mit einer älteren, vielleicht gebrauchten Kamera für relativ wenig Geld sein fotografisches Spektrum im wahrsten Sinn des Wortes erweitern kann. Ob die Kamera der Wahl für ein Umrüsten geeignet ist, sollte man freilich vorher klären. Noch billiger ist, einen effektiveren Sperrfilter gegen sichtbares Licht als den eingebauten gegen infrarotes Licht vors Objektiv einer Kamera zu schrauben und ganz lange zu belichten.
Fotografieren im Ultravioletten ist theoretisch auch möglich und wohl spannend, weil viele Pflanzen und Tiere diesen Frequenzbereich zur Kommunikation einsetzen. So zeigen manche im sichtbaren Licht unscheinbare Blüten im UV-Bereich auffällige Muster. Allerdings scheint es hier etwas schwieriger zu sein, mit wenig Geld in diesen Bereich vorzudringen, da das Glas der meisten Objektive das UV-Licht kaum durchlässt. Vielleicht etwas für eine Lochkamera…?