Zum Beschluss des Bundestages

Im Frühjahr 2010 reichte ich beim Deutschen Bundestag eine öffentliche Petition zur Beschränkung und Kennzeichnung von Tierprodukten ein, die einen verbesserten Tier-, Arten- und Verbraucherschutz zum Ziel hat. Die Petition wurde geprüft, beraten und nun gelangte der Bundestag zu einem Beschluss.

Auf den Seiten des Bundestages lassen sich die Petition, Diskussionsbeiträge von Bürgern und die Begründung für den Beschluss des Deutschen Bundestages einsehen. Auf dieser Seite zitiere ich aus der Entscheidung des Bundestages und füge einige Anmerkungen hinzu.

Beschluss

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.02.2012 abschließend beraten und beschlossen:
Die Petition dem Europäischen Parlament zuzuleiten.

Meiner Erfahrungen nach werden öffentliche Petitionen in der Regel abgeschlossen, wenn dem Anliegen bereits vollständig oder teilweise entsprochen wurde oder wenn dem Anliegen nicht entsprochen werden kann/soll/will. Andernfalls wird die Petition weitergereicht, etwa an die Bundesregierung, die Fraktionen des Bundestages oder wie in diesem Fall ans Europäische Parlament.

Der Petitionsausschuss des Bundestages selbst setzt keine Anregungen unmittelbar in Gesetzentwürfe um. Das Weiterreichen an Entscheidungsträger ist insofern ein gutes Ergebnis. Dass die Empfänger den Vorschlag konstruktiv in ihre Arbeit einfließen lassen, garantiert es nicht.

Begründung

Die Begründung beginnt mit einer Zusammenfassung des Anliegens meiner Petition, Pet 3-17-10-7125-006581:

Der Petent fordert eine Positivliste aller Tierarten, deren Felle, Horn etc. importiert, verarbeitet und verkauft werden dürfen, eine verständliche und deutliche Auszeichnung der Produkte sowie dass diese Liste ausschließlich Tierarten enthalten darf, die der Nahrungsmittelgewinnung dienen.

Er führt aus, dass eine Positivliste geeigneter sei als eine Negativliste, vom Aussterben bedrohte Tiere zu schützen. Zudem besitze sie den Vorteil, dass die Praxis, Tieren irreführende Namen zu geben, um ihre Pelze verkaufen zu können, verhindert werde. Auch würden Kontrollen vereinfacht. Pelzgewinnung dürfe nur dann zulässig sein, wenn die Tötung des Tieres der Nahrungsgewinnung diene. Individuelles Interesse an Luxus sei kein hinreichender Grund für das Töten von Tieren. Auch sei eine verständliche und deutliche Kennzeichnung aller Waren erforderlich, damit der Verbraucher die Möglichkeit habe zu erfahren, was er erwerbe.

Dann werden kurz die Umstände und der Weg der Petition beleuchtet:

Es handelt sich um eine öffentliche Petition, die ins Internet des Deutschen Bundestages eingestellt und dort diskutiert wurde. 1.314 Mitzeichner haben die Petition unterstützt. Der Petitionsausschuss hat im Rahmen seiner parlamentarischen Prüfung eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zu dem Anliegen eingeholt. Die parlamentarische Prüfung hatte das im Folgenden dargestellt Ergebnis:

So weit die Vorrede, nun geht es zum Kern:

Der Petitionsausschuss stellt fest, dass ein Verbot der Pelzgewinnung für Kleidung von Tieren, die nicht zur Lebensmittelgewinnung gehalten werden, einen Verstoß gegen die grundgesetzlich geschützte Berufs- und Eigentumsfreiheit darstellen würde. Zwar wurde im Jahr 2002 das Staatsziel Tierschutz in das Grundgesetz aufgenommen. Dem Tierschutz kommt bei Abwägungsentscheidungen mit anderen Grundrechten daher ein erhebliches Gewicht zu. Er ist als Staatszielbestimmung bei der Gesetzgebung und von den Verwaltungsbehörden und Gerichten bei der Anwendung und Auslegung des geltenden Rechts zu beachten. Das geforderte Verbot ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zulässig, da es gegen die grundgesetzlich geschützte Berufs- und Eigentumsfreiheit verstoßen würde. Für das Halten von Pelztieren sind jedoch das Tierschutzgesetz sowie die allgemeinen und spezifischen Regelungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) maßgeblich. Mit der dritten Verordnung zur Änderung der TierSchNutztV vom 30. November 2002 wurde sie mit dem Ziel einer tiergerechten Haltung für Pelztiere geändert. Auch unter dem Gesichtspunkt der Warenverkehrsfreiheit sieht der Petitionsausschuss keine Möglichkeit, das Anliegen zu befürworten.

Der Petitionsausschuss sieht durch ein mögliches Verbot der Tötung von Tieren primär für die Pelzgewinnung und den Handel mit solchen Waren demnach drei Rechte verletzt: Berufsfreiheit, Eigentumsfreiheit und Warenverkehrsfreiheit.

Berufsfreiheit

Die Berufsfreiheit (Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz) könnte man dadurch als verletzt ansehen, dass durch die geforderte Regelung Pelztierzüchter beschränkt würden. Doch auch andere Menschen in Deutschland können sich nicht erfolgreich auf die Freiheit der Berufswahl berufen. Als Beispiele seien Auftragskiller sowie Cannabisbauern und -händler genannt.

Beim Auftragskiller stellt man schnell fest, dass die Freiheit seiner Berufswahl mit dem Recht auf Leben anderer Bürger kollidiert. Dass die Abwägung hier zugunsten des Rechts auf Leben und zum Nachteil der Berufsfreiheit ausfällt, überrascht kaum.

Bei Cannabisbauern und -händlern stellt sich die Lage weniger klar dar. In welche Grundrechte anderer Menschen greifen diese oh-so-grausam ein, dass deshalb ihr Grundrecht auf freie Berufswahl hinten anstehen muss? Drogen können zwar die körperliche Unversehrtheit beschädigen, aber das können Alkohol, Tabak, Kochsalz und Autos auch, wenn man sie falsch anwendet. Handeln darf man mit ihnen trotzdem.

Anders als beim Auftragskiller lässt sich allerdings argumentieren, dass die Berufsfreiheit durch ein Cannabisverbot nur unwesentlich beeinträchtigt sei. Wenn beispielsweise Tabak- oder Gewürzanbau der Cannabisgewinnung ähneln, dann ist ein Ausweichen darauf zumutbar und die Berufswahl nicht beeinträchtigt. Nur bei der konkreten Ausübung des Berufes sind Grenzen zu beachten – das aber ist normal.

Auch im Tierschutz findet sich diese Sichtweise. Der Bundesrat argumentiert so für ein Verbot der Haltung ausgewählter Tiere in Wanderzirkussen, zum Beispiel Großbären (Bundesrat Drucksache 565/11(B)). Ein Verbot schaffe weder das Zirkuswesen noch die Tierdressur ab, weswegen nur ein geringfügiger Eingriff in die Berufsfreiheit vorliege, der mit dem Tierschutz als Staatsziel zu rechtfertigen sei.

Ich meine, dass man auch die Forderung meiner Petition unter diesem Gesichtspunkt sehen kann.

Zwar begehre ich nicht nur ein Verbot bei Gewinnung und Handel von Tierbestandteilen ausgewählter Tierarten – warum dies beispielsweise für einen effektiven Artenschutz nicht ausreicht, begründete ich –, sondern eine Beschränkung auf nach bestimmten Gesichtspunkten ausgewählte Tierarten. Doch auch dies lässt die Tür für die Verarbeitung von Tierbestandteilen wie Fellen und Tierhäuten weiterhin offen.

Somit sehe ich in meiner Forderung anders als das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz nur eine begrenzte Einschränkung der Berufsfreiheit. Damit verglichen wiegen die Staatsziele Tierschutz und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen meiner Ansicht nach schwerer.

Eigentumsfreiheit

Das Recht auf Eigentum (Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz) könnte man dadurch verletzt sehen, dass die Neuregelung für einen Investor in Tierprodukte, Pelztiere oder Anlagen zu ihrer Haltung, die nach der Neuregelung nicht für die Haltung zur Verarbeitung noch zugelassener Tiere geeignet sind, enteignungsähnliche Auswirkungen hätte.

Dem kann allerdings leicht durch Übergangsregelungen begegnet werden, wie sie auch sonst in der Gesetzgebung üblich sind. Als Beispiel aus Landwirtschaft und Tierschutz seien Übergangsregelungen bei der Käfighaltung von Legehennen genannt. Ich sehe daher im Recht auf Eigentum keinen grundsätzlichen Einwand gegen meine Forderung. Man muss bei der Einführung einer Neuregelung freilich Rücksicht darauf nehmen.

Warenverkehrsfreiheit

Die Freiheit des Warenverkehrs (eine Grundfreiheit der Europäischen Union) könnte man durch ein Handelsverbot bestimmter Produkte, wie in meiner Petition gefordert, beeinträchtigt sehen. Da es für Inlands- und Importprodukte gleichermaßen gelten soll, wäre es allerdings nicht diskriminierend. Alle Marktteilnehmer wären gleichberechtigt betroffen und insofern kein zwischenstaatliches Handelshemmnis aufgebaut.

Im Artikel 36 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union steht des Weiteren:

Die Bestimmungen […] stehen Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. […]

Tatsächlich dienen die Forderungen meiner Petition ausdrücklich auch dem Schutz tierischen Lebens. Ein zentraler Aspekt der Begründung meiner Petition ist, dass Tiere nach dem deutschen Tierschutzgesetz nur aus vernünftigem Grund getötet werden dürfen. Genau dem soll die Neuregelung, welche Tiere zur Gewinnung von Tierprodukten eingesetzt werden dürfen, Rechnung tragen.

Die Warenverkehrsfreiheit schiebt handelsprotektionistischen und willkürlichen Verboten einen Riegel vor. Ist ein Anliegen aber jenseits von Fragen der Handelsfreiheit gerechtfertigt, stehen die Regelungen zum freien Warenverkehr dem Anliegen nicht im Weg. Ich denke, das ist hier der Fall.


Im eben diskutierten Abschnitt der Beschlussbegründung weichen die Erläuterungen des Petitionsausschusses von meiner Einschätzung ab. Anders im letzten Teil:

Die Kennzeichnung von tierischen Pelzen hält er jedoch für ein wichtiges Instrument der Verbraucherinformation. Derzeit finden Beratungen über die Einführung einer Tierschutzkennzeichnung für tierische Produkte auf europäischer Ebene statt. Eine Tierschutzkennzeichnung kann den Verbraucher in die Lage versetzen, tierschutzgerechter erzeugte Produkte zu erkennen und eine entsprechende Kaufentscheidung zu treffen. Sie kann auch zu einer Weiterentwicklung des gesellschaftlichen Bewusstseins für die Herkunft von Produkten beitragen. Soweit der Petent eine verständliche und eindeutige Kennzeichnung der Felle verlangt, hält der Petitionsausschuss die Petition für geeignet, in die Beratungen auf europäischer Ebene einbezogen zu werden und empfiehlt, sie dem Europäischen Parlament zuzuleiten.

Erfreulich! Es bleibt zu hoffen, dass die Arbeiten auf europäischer Ebene tatsächlich auch Ergebnisse bringen, die den Tier- und Verbraucherschutz stärken.