Reise zum und vom Brocken
Um fünf Uhr Sommerzeit reißt mich und Migo der Wecker aus dem Schlaf. Es ist Samstag, der 15. Oktober. Im Traum suchte ich eben nach dem richtigen Absperrventil bei einem Rohrbruch. Nun finde ich am Wecker den Schalter, der den Alarm abstellt.
Um 5:41 Uhr fährt der erste Zug nach Wittenberge. Die Sachen sind schon gepackt. Ich dusche, ziehe mich an, bürste die Zähne. Dann gehen Migo und ich los zum Perleberger Bahnhof. Vor uns steht das Sternbild Orion aufrecht am klaren Nachthimmel. Links daneben, ein Stück tiefer, Sirius . Ich finde: Das ist ein gutes Zeichen.
Die Reise mit der Bahn führt nach Ilsenburg am Fuß des Harzes. Von dort wollen wir erst auf den Brocken, dann hinab nach Schierke wandern. Weiter soll uns ein Bus nach Wernigerode bringen. Wenn der Plan aufgeht, kommen wir in der Nacht mit dem letzten Zug wieder in Perleberg an.
Mond Es herrscht noch kalte Nacht, als wir in Wittenberge ankommen. Migo und ich vertreten uns die Beine, ich fotografiere den Mond, dann frühstücken wir. Irgendwann bricht der Morgen an und es geht mit dem Zug gen Süden. Aus dem Fenster sehe ich Nebel über der Elbe wabern.
Magdeburg Hauptbahnhof Über dem Empfangsgebäude des Magdeburger Hauptbahnhofs steht der Mond am strahlend blauen Himmel. Hier in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts steigen wir in den Harz-Elbe-Express (HEX).
Brockenblick in Ilsenburg Nicht weit entfernt vom Bahnhof Ilsenburg auf 240 Metern über dem Meeresspiegel fällt der Blick vom Kitzsteinteich auf den Brocken. An den Bauwerken auf seinem Gipfel ist der Berg leicht zu erkennen. Hinauf soll es nun zu Fuß/Pfote gehen.
Rathaus Ilsenburg Die Kleinstadt Ilsenburg liegt am Fuß des Harzes einige Kilometer nordöstlich des Brockens.
Hirsch-Apotheke Rathaus sowie Apotheke stehen am Marktplatz. Sowohl im Giebel der Apotheke als auch im Wappen über dem Rathausbalkon prangt ein Hirsch.
Ilsenburg zieht sich aus der Ebene bis ins untere Ilsetal hinein. Auf dem Weg zu Schloss und Kloster Ilsenburg schauen wir über die Dächer dieses Teils der Stadt.
Klosterkirche Ilsenburg Das Ilsenburger Kloster blickt auf eine rund 1000-jährige Geschichte zurück. Siehe außerdem: Klosterkirche von der Seite
Schloss Ilsenburg Schloss und Kloster Ilsenburg sind auf einem Gelände errichtet.
Heinrich-Heine-Wanderweg Der Wanderpunkt „Blochhauer“ ist die erste Station des Heinrich-Heine-Wegs, den Migo und ich bis zum Brockengipfel begehen werden. Heinrich Heine hatte 1826 seinen Reisebericht „Die Harzreise“ veröffentlicht.
Im Ilsetal Mich beeindruckt, wie sich Bäume an den Felswänden über uns mit ihren Wurzeln ans Gestein krallen, um Halt, Wasser und Nährstoffe zu finden. In diesem Fall in der Nähe des Hotels „Am Ilsestein“.
Ilse Sonnenschein fällt in den Mischwald im Tal der Ilse . Mit Wasser des Baches fülle ich unsere Vorräte auf. In Erwartung klaren Wassers vor Ort und um nicht mehr Gepäck als nötig zu schleppen, trage ich auf dieser Reise nur zwei Literflaschen.
Wir wandern durch den Nationalpark Harz . Wie es in diesem Schutzgebiet vorgeschrieben ist, bleiben Migo und ich durch eine Leine verbunden.
Heine über die Ilse „Das ist nun die Ilse, die liebliche, süße Ilse. Sie zieht sich durch das gesegnete Ilsethal, an dessen beiden Seiten sich die Berge allmählich höher erheben, und diese sind bis zu ihrem Fuße meistens mit Buchen, Eichen und gewöhnlichem Blattgesträuche bewachsen“ , schrieb Heinrich Heine. Allerdings schritt er vom Brocken nach Ilsenburg hinab. Wir sind in umgekehrter Richtung unterwegs.
„Es ist unbeschreibbar, mit welcher Fröhlichkeit, Naivetät und Anmut die Ilse sich hinunter stürzt über die abenteuerlich gebildeten Felsstücke, die sie in ihrem Laufe findet, so daß das Wasser hier wild empor zischt oder schäumend überläuft, dort aus allerlei Steinspalten, wie aus vollen Gießkannen, in reinen Bögen sich ergießt, und unten wieder über die kleinen Steine hintrippelt, wie ein munteres Mädchen.“ – Heinrich Heine
Brockenblick von der Bremer Hütte Auf knapp 560 Metern über dem Meeresspiegel erreichen wir die Bremer Hütte. Dieser Ort bietet eine prächtige Sicht auf den Brocken.
Wir verlassen das Tal der Ilse. Der Weg führt uns in Richtung der nicht mehr vorhandenen Stempelsbuche und Hermannschaussee.
Granitblöcke säumen den Weg.
Hermannschaussee Die Hermannschaussee, auch Hermannsstraße, ist keine Straße im eigentlichen Sinn. Der befestigte Weg führt mal sanfter, mal steiler bergauf, wie ein Blick zurück zeigt.
Ausblick vom Hirtenstieg Der Hirtenstieg ist das steilste Stück des Weges. Für die Mühen entschädigt die Aussicht auf Ilsenburg. Detail: Blick nach Ilsenburg (mittig) und zum Ilsestein (rechts)
Eckertalsperre Befestigt ist der Hirtenstieg mit Betonplatten aus DDR-Zeit, als hier Grenztruppen patrouillierten. Die Grenze zur BRD verlief entlang der Ecker und mitten durch den Stausee Eckertalsperre.
Noch einmal fotografiere ich Ilsenburg in der Ferne. Jede Aufnahme bringt einen Moment des Innehaltens, eine kurze Verschnaufpause. Von der Hermannschausse bis hinauf zum Kleinen Brocken steigt der Weg mit mehr als 15 % im Durchschnitt an.
Westharz Puh, der Kleine Brocken ist erreicht. Wir gönnen uns eine Wasser- und Brötchenpause mit Blick über den Westharz. Ein Wanderer, der gerade vom Gipfel kommt, setzt sich zu mir auf die Holzbank. Wir unterhalten uns, doch das zurückliegende Steilstück hat meine Eloquenz gemindert.
Gipfel in Sicht Gestärkt, einen flacheren Abschnitt sowie das Ziel wieder vor Augen wandern wir weiter. Am Kleinen Brocken war auch Migo kaputt. Nun geht es ihm zu langsam voran: der Duft eines Hundetiers vor uns hängt in der Luft. Detail: Gipfelbebauung
Wir überqueren die Gleise der Brockenbahn. Dann liegt er vor uns, der Gipfel des Brockens. Im wahrsten Sinne des Wortes der Höhepunkt unserer Reise – 1141,1 Meter über dem Meeresspiegel. Siehe außerdem: Willkommen auf dem Brocken
Bad Harzburg und Eckertal Bei wolkenlosem Himmel können wir weit über das Land schauen wie hier nach Bad Harzburg und auf das Eckertal.
Brockenhaus Von Abhöranlagen aus Zeiten des Kalten Krieges zeugt die Kuppel des Brockenhauses. Heute beherbergt das Gebäude ein Museum, dass Migo und ich nicht besuchen.
Wurmberg Der benachbarte Wurmberg ist mit 971 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Berg Niedersachsens. Im Gegensatz zur Brockenkuppe reicht er nicht über die Baumgrenze.
Migo auf dem Brocken Das Beweisfoto: Migo ist auf dem Brocken! Den Gipfelstein wähle ich nicht als Motiv, weil darum zahlreiche Menschen versammelt sind. Der Brocken ist der höchste Berg des Harzes und des Landes Sachsen-Anhalt. Er besitzt die größte Dominanz aller deutschen Berge. Die Dominanz gibt die Entfernung zum nächsten höheren Punkt an. Beim Brocken sind es 224 Kilometer.
Wo die Hexen Walpurgisnacht feiern Wie winzig das Wolkenhäuschen zwischen den anderen Bauwerken aussieht! Es stand bereits hier, als Goethe den Berg bestieg. In Faust I beschreibt der Dichter den Brocken als Ort, an dem die Hexen Walpurgisnacht feiern. Detail: Wanddekoration am Hotel Brockenherberge
Spiegelbilder Migos Gesicht scheint die Strapazen des Aufstiegs widerzuspiegeln. Sein rechtes Auge reflektiert das Bild der Brockenbauten, sein linkes mich mit umgehängter Tasche. Detail: Migos Augen
Bevor es auf der Brockenstraße vom Berg hinabgeht, schauen wir auf Wernigerode am Fuß des Harzes. Später wollen wir dort in den Zug nach Halberstadt steigen.
Brockenbahn Viele Besucher bereisen den Brocken mit der Brockenbahn. Durch geschickte Führung um den Berg befahren die Dampflokomotiven eine Strecke mit fast konstanter Steigung von 3–3,33 %.
Eckerlochstieg Auf der oberen Brockenstraße sind viele Leute, außerdem Hunde unterwegs. Wir überqueren die Gleise der Brockenbahn. Bald danach biegen wir auf den Eckerlochstieg ab. Zunächst führt der Weg über Holzbohlen. Dann werden uns Steine in den Weg gelegt.
Über Felsbrocken und Wurzeln geht es hinab. Das Laufen bergab kommt mir nicht anstrengend vor, aber ich ahne, dass es den größten Muskelkater verursachen wird. Als Flachländer brauche ich meinen Schritt sonst nicht bremsen. Muskeln dafür sind völlig untrainiert. Eine größere Herausforderung ist dieser Stieg für Migo. Mit seinen kürzeren Beinen muss er immer wieder von Steinen springen. Ich zeige ihm günstige Pfade und hoffe, dass seine Pfoten stets sicher treten.
Eckerlochbrücke An der Eckerlochbrücke überqueren wir erneut die Gleise der Brockenbahn. Daneben: Kreuzung von Eckerlochstieg und Brockenbahn . Unter dem Brückenbogen fließt das Schwarze Schluftwasser. An einem zufließenden Rinnsal fülle ich unseren Wasservorrat noch einmal auf. Zügig geht es weiter den Eckerlochstieg und zwischendurch ein kurzes Stück Brockenstraße hinunter gen Schierke.
Natureisstadion Schierke In Schierke suchen wir sowohl ein Haus als auch einen sofaförmigen Stein von alten Familienfotos. Wir finden beides nicht. Vermutlich steht das Haus nicht mehr. Eventuell liegt der Stein an einem Platz in der Kalten Bode, wo das Ufer heute unzugänglich ist.
Bergkirche Schierke Die Strophe über dem Eingang der Schierker Bergkirche ist einem Lied von Philipp Spitta entnommen. Der „Schemel seiner Füße“ meint die Natur, der Schein an Gottes Thron bezieht sich auf Sonne, Mond und Sterne. Siehe außerdem: in der Bergkirche
Am Hang unterhalb der Bergkirche sind Soldaten begraben. Einen Moment lang rasten Migo und ich an der Sitzbank vor der Kirche.
Ein Rüde ohne Begleiter, Leine und Halsband konfrontiert Migo zweimal. Er rennt heran, knurrig bellend, bleibt aber so weit auf Abstand, dass Migo an der Leine nicht an ihn reicht. Dann zieht er sich jeweils zurück.
Rathaus Schierke Der Luftkurort Schierke gehört seit 2009 zur Stadt Wernigerode.
Ich nehme ein letztes Foto in Schierke auf: Großer Winterberg mit Herbstlaub. Stehend im vollen Bus fahren wir abwärts. Ich halte mich gut fest, um in den Kurven nicht umzufallen. Den Druckunterschied spüre ich in meinen Ohren, während wir uns Wernigerode nähern.
Wernigerode Migo und ich kommen in Wernigerode am ehemaligen Landratsamt vorbei. Bis zur Abfahrt unserer Bahn gehen wir ein Stück durch die Stadt am Nordrand des Harzes.
Amtsgericht Wernigerode Neben dem ehemaligen Landratsamt steht das Amtsgericht.
Schloss Wernigerode Über der Stadt erhebt sich das Schloss Wernigerode. Siehe außerdem: das Schloss aus der Schäferstraße
Grüne Straße Unsere Schritte führen uns an vielen Fachwerkhäusern vorbei. Siehe außerdem: Breite Straße
Pfarrkirche St. Johannis St. Johannis gilt als älteste in ihrer Grundsubstanz erhaltene Kirche Wernigerodes. Details: Turmuhr und Wetterfahne . Im nahegelegenen Lebensmittelgeschäft kaufe ich Getränke für die Rückfahrt.
Harzer Schmalspurbahn Die Dampfloks der Harzer Schmalspurbahn besitzen eine Spurweite von 1000 Millimetern. Der geringe Schienenabstand ist in Gebirgen beliebt, weil er enge Kurvenradien erlaubt. Dadurch lassen sich Gleise leichter und kostengünstiger in das Gelände einpassen als bei der Normalspur mit 1435 Millimetern.
Bahnhof Wernigerode Von hier geht es auf Schienen nach Hause. Mein Kopf schmerzt. Ich habe zu wenig getrunken. Mit den vorhin erworbenen Getränken behandele ich mich.
Vom Bahnsteig fällt mein Blick zurück auf den Brocken im Abendlicht. Siehe außerdem: Blick zum Brocken im Querformat
Tschüs, Dampflokomotive! Migo und ich fahren mit leichter Verspätung nach Halberstadt. Dort hasten wir über den Bahnsteig zum wartenden HEX mit Ziel in Magdeburg. In Magdeburg essen wir nach einer Runde über den Willy-Brandt-Platz mitgebrachte Brötchen zum Abendbrot.
Umsteigen in Wittenberge Das letzte Mal an diesem Tag steigen wir in Wittenberge um. Ich fotografiere die Bahn, mit der wir aus Magdeburg kamen. Sie wartet darauf, zurückzufahren.
Ein anderer Zug in Bewegung im Bahnhof Wittenberge – das Bild ist aus vier Einzelfotos zusammenaddiert. Migo und ich fahren mit dem letzten Prignitz-Express dieses Samstags nach Perleberg.
Kaputt aber froh kommen wir gegen 22:45 Uhr zuhause an. Hinter uns liegt Perleberg–Ilsenburg–Brocken–Schierke–Wernigerode–Perleberg an einem Tag.