Der rechte Winkel

Er habe sich am Morgen so sehr beeilt, den Beweis rechtzeitig vor dem Unterricht ordentlich abzuschreiben, dass es ganz unordentlich wurde. Martin bat um Verzeihung.

Der Herr Professor überflog die vom Regen durchweichten Papiere. Unnötig, sagte er, überflüssig, hmpf, Analysis? Tss, tss, tss, verschwenderisch und überhaupt: Der Satz sei seit Ewigkeiten bewiesen. Man benötige weder Differentialrechnung noch drei volle Seiten. Eine handvoll einfacher Argumente genüge.

Martin verzog den Mund. Seine Lider standen offen, doch sein Blick fixierte nichts in dieser Welt. Er suchte Verknüpfungen in der Landschaft seiner vergangenen und zukünftigen Erfahrungen. Das Licht! rief er aus. Die Grübelfalten auf seiner Stirn wichen einem kindlichen Strahlen.
Der Mensch sehe die Farben des Lichts mit den Augen, er spüre die Wärme des Infraroten auf seiner Haut und das ferne Violett färbe den Teint. All das erkenne man unterschiedlich und doch sei die Ursache immer nur Licht, und doch eröffne jede Methode neue Wege und Sichtweisen. Sei das nicht, was man wolle? Die Gesetze der Gravitation: Tausendfach geprüft und bestätigt. Wer zweifle noch an der Theorie von den Elementarteilchen? Dennoch suche man nach neuen Erklärungen. Erklärungen, die, vielleicht komplizierter, erleuchtende Blickwinkel böten und alle wahren Thesen verbänden. Letztendlich sei die Weltformel das Ziel wissenschaftlichen Strebens!

Nun gut, sagte der Herr Professor mit freundlich-ernsthaftem Gesicht, wenn es um die Weltformel gehe … und wandte sich seinem Buch zu.


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