Die Vergeltung des Königs

„Vergeltung des Königs“ ist eine bescheidene Variation des Standard-Schachspiels.

Einleitung

Der edle König sprach gerecht, sein Handeln prägte immer Güte, sodass sein Volk ihm treu ergeben diente. Die größte Gunst und Neigung seiner Majestät galt jedoch allzeit seiner Frau. Nichts auf der Welt schien ihm so wertvoll. Mehr als das Silber liebte er sie, mehr als das Salz, die Vögel, mehr als die Lieder, obendrein den Sonnenschein entlang der klaren Bäche seines Landes.

Als sie im bösen Albtraum sah, dass – einst im Krieg geschlagen – er sie zur Witwe machen würde, nahm sie ihm flehend das Versprechen ab, auf keinem Schlachtfeld dieser Welt sein Leben zu verspielen. Er konnte ihr die Bitte nicht verwehren.

An einem dunklen Tag jedoch bestieg in einer fremden Stadt ein garstig Herrscher güldenen Thron. Er zog Armeen auf wie Wolken im Gewittersturm und fiel mit Schwert und Fackeln ein ins Reich des edlen Königs. Der quälte sich als seine Boten von Gräueltaten nur berichten konnten. Wohlwissend, dass durch den abverlangten Schwur des Gatten Hände fest gebunden waren, schlich sich die Königin vom Hof, um in Verkleidung unerkannt mit Pfeil und Bogen für ihr Land zu kämpfen.

Doch Schicksal, schweres Los, traf hart den guten König. An seiner statt lag bleich im Feld erschlagen nun sein Liebstes: die tapfere Herrscherin mit Köcher nebst gerissener Sehne. Nach dem Begräbnistag vom Eid entbunden, griff er voll Trauer, zorngetrieben, zu Helm und Zügeln seines Pferds. Voraus schritt er als Ritter seinem Heer, Vergeltung suchend für den Tod der Frau, zurückzuschlagen üblen Feind.

Spielregeln

Die Regeln von „Vergeltung des Königs“ weichen von den normalen Schachregeln in einer Beziehung ab: Hat ein Spieler keine Dame, zieht und schlägt der König jenes Spielers wie ein Springer. Er heißt dann berittener König.

Wird ein Bauer dieses Spielers in der gegnerischen Grundreihe in eine Dame umgewandelt, bewegt sich auch der König wieder wie im traditionellen Schach. Die Fähigkeit zur Rochade wird durch die Änderung der potenziellen Beweglichkeit des Königs nicht beeinträchtigt, so lange er sich nicht bewegt.

Motivation

Im klassischen Schach ist die Dame äußerst mächtig. Angenommen wird ein Wert von neun Bauerneinheiten, während dem Turm als zweitstärkster Figur im Spiel nur fünf Bauerneinheiten zugemessen werden. Dies führt dazu, dass der Verlust der Dame eine Partie sehr oft vorzeitig entscheidet.

Werden die Damen früh im Spiel getauscht, droht hingegen ein schleppender Spielverlauf. Interessante taktische Varianten gehen komplett verloren.

Mit der „Vergeltung des Königs“ soll zum einen die Motivation zum Damentausch verringert werden, denn den berittenen König Schach zu setzen ist schwieriger. Gleichzeitig bleibt das Spiel durch die zusätzliche Beweglichkeit auch nach einem Damentausch dynamischer. Zum anderen soll der einseitige Verlust einer Dame kein so großes Ungleichgewicht erzeugen, dass er in der Regel zur Aufgabe führen muss.

In anderen Varianten

Die Regel der „Vergeltung des Königs“ kann übrigens auch in unzähligen anderen Schachvarianten eingesetzt werden.