Kommentar zum Entwurf eines neuen Tierschutzgesetzes

Im Mai dieses Jahres veröffentlichte die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ihren Entwurf eines neuen Tierschutzgesetzes. Für mich vor allem ein Grund zur Freude. Allerdings wirft das angestrebte Verbot sexueller Handlungen in der jetzigen Form der 91 Seiten starken Ausarbeitung auch Bedenken auf. Zweifel und Vorschläge formulierte ich in einem Dokument, welches ich am 11. Juni 2009 an die Bundestagsfraktion der Grünen und ihre tierschutzpolitische Sprecherin Undine Kurth sendete:

Tierschutz neu denken – Entwurf eines neuen Tierschutzgesetzes,
Ihre Einladung zur Diskussion

Sehr geehrte Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen,
Sehr geehrte Frau Kurth,

als Tierhalter und Stammwähler von Bündnis 90/Die Grünen habe ich mit Interesse Ihren Vorschlag für eine Neufassung des Tierschutzgesetzes wahrgenommen. Ich finde, dass eine Überarbeitung des TierSchG ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Als Vegetarier wünschte ich mir sogar noch mehr Verbesserungen zu Gunsten der Tiere, als Ihr Entwurf anstrebt.

Der Satz § 7 Einzelne Verbote (1) 16. Ihres Gesetzentwurfes, im Folgenden Satz gennant, ruft bei mir allerdings erhebliche Bedenken hervor:

Es ist verboten ... 16. sexuelle Handlungen an einem Tier vorzunehmen oder auf ein Tier einzuwirken, um es zur Duldung solcher Handlungen zu veranlassen.

Ich möchte im Sinne Ihrer Einladung zur Diskussion über den Vorschlag meine Bedenken mit Ihnen teilen und hinterfragen, was mir unklar ist. Diese Ausführungen finden Sie auf den folgenden Seiten.

Mit Bitte um Antwort zu meinen Bedenken und Fragen
Mit freundlichen Grüßen

Martin Janecke

A   Mangelhafte Klarheit bei Begriffen und Anwendung

Der Satz1 weist meiner Überzeugung nach einen Mangel an Klarheit bei Begriffen und Anwendung auf. Anstatt Rechtssicherheit zu schaffen, wird damit weitere Konfusion erzeugt. Folgende Fragen ergeben sich u. a. für mich:

  1. Was sind verbotene sexuelle Handlungen im Sinne des Gesetzentwurfes? Insbesondere: Welche der folgenden Szenarien fallen unter diesen Begriff:
    1. Masturbation männlicher Tiere zum Zwecke der Gewinnung von Sperma für die künstliche Befruchtung, beispielsweise in der Landwirtschaft, bei Arterhaltungsprogrammen in Zoos, Hundezucht
    2. künstliche Befruchtung und begleitende Stimulation der äußeren Geschlechtsorgane weiblicher Tiere
    3. Masturbation männlicher Tiere zum Zweck ihrer sexuellen Entspannung, zum Beispiel zur Stärkung des Zusammenhaltes in gegenseitig abhängigen Beziehungen (Blindenhund, Suchhund), allgemein als Alternative zur chirurgischen Amputation der Keimdrüsen (Kastration)
    4. Aufreiten männlicher Hunde an Körperteilen ihrer menschlichen Rudelmitglieder
    5. Duldung des Aufreitens männlicher Hunde an Körperteilen ihrer menschlichen Rudelmitglieder
    6. Duldung des Aufreitens männlicher Hunde bei ihren menschlichen Rudelmitgliedern, inklusive geschlechtlicher Penetration durch den Rüden
    7. Entfernung der Keimdrüsen (Kastration)
  2. Was sind Einwirkungen auf das Tier, welche es zur Duldung sexueller Handlungen veranlassen? Insbesondere: Welche der folgenden Szenarien fallen unter diesen Begriff:
    1. Kuscheln, Kraulen und Streicheln eines Tieres
    2. verbales Loben eines Tieres
    3. Unterlassung einer Erziehung eines Tieres dahingehend, dass es keinen sexuellen Kontakt mit dem Menschen sucht (vergleiche Duldung des Aufreitens männlicher Hunde)
    4. Füttern eines Tieres
    5. sexuelle Stimulation eines Tieres, welche durch Ausschüttung von „Glückshormonen“ zur Duldung/Aufforderung zum Fortfahren durch das Tier führt

Ich schlage vor, den Satz klarer zu fassen oder in § 3 Begriffsbestimmungen Konkretisierungen vorzunehmen.

B   Fehlerhafte Voraussetzungen → fehlende Legitimation

In Ihrem Gesetzentwurf ist die Einführung des Satzes nicht näher begründet. Dr. Christoph Maisack, welcher Ihnen zufolge maßgeblich an diesem Gesetzentwurf beteiligt war, begründete den gleichlautenden Gesetzesvorschlag im Buch „Verschwiegenes TierLeid – sexueller Missbrauch an Tieren“2 allerdings:

Es wird vorgeschlagen, nach § 3 Nr. 11 TierSchG folgende neue Nr. 12 in das Tierschutzgesetz aufzunehmen:

„Es ist verboten ...
12. sexuelle Handlungen an einem Tier vorzunehmen oder auf ein Tier einzuwirken, um es zur Duldung solcher Handlungen zu veranlassen.“

Begründung:
In § 3 finden sich bereits zahlreiche Gefährdungstatbestände, d. h. Vorschriften, die nicht erfordern, dass es tatsächlich zu beweisbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden auf Seiten des betroffenen Tieres gekommen ist, sondern die die Herbeiführung einer diesbezüglichen Gefahr ausreichen lassen [...]. Allen diesen Tatbeständen ist gemeinsam, dass die beschriebenen Handlungen mit einem hohen Verletzungs- oder Leidensrisiko verbunden sind und eindeutig ohne vernünftigen Grund vorgenommen werden. Diese beiden Gesichtspunkte rechtfertigen es, den Schutz vor Schmerzen, Leiden und Schäden im Interesse des Tieres nach vorn zu verlagern und nicht erst bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 17 und 18 Abs. 1 Nr. 1 TierSchG beginnen zu lassen [...].
Alle diese Gesichtspunkte treffen auf sexuelle Handlungen mit Tieren ebenfalls zu: Sie enthalten selbst dort, wo sie ohne Gewaltanwendung und ohne vorherige Dressur vorgenommen werden, ein hohes Verletzungsrisiko. Sie geschehen stets ohne vernünftigen Grund. Hinzu kommt, dass sie auch dann, wenn es nicht zu Verletzungen kommt, die in Art. 20 a GG betonte Achtungspflicht gegenüber dem Tier verletzen.

Ich muss annehmen, dass dies auch bei Ihrem wortgleichen Vorschlag in Zusammenarbeit mit demselben Juristen Grundlage für den Satz ist. Dr. Maisack argumentiert, dass zwischen Tier und Mensch

  1. sexuelle Handlungen mit und ohne Gewaltanwendungen oder Dressur grundsätzlich ein hohes Verletzungsrisiko implizieren
  2. sexuelle Handlungen stets ohne vernünftigen Grund geschehen

Beide Einschätzungen liegen meines Erachtens nicht im Fachgebiet eines Juristen – obgleich Dr. Maisack zweifelsohne ehrbare Qualifikation darüber hinaus aufweist, ist es daher für mich nicht verwunderlich, dass diese Beurteilung mit der Realität nur ungenügend übereinstimmt, wie bereits der gesunde Menschenverstand nahe legt:

  1. Das Verletzungsrisiko ist offensichtlich stark von der Spezies des Tieres sowie von der Art der sexuellen Handlung abhängig. Ein grundsätzliches Verbot stellt daher eine ungerechtfertigte, ungültige Verallgemeinerung aller Tiere – ich bitte zu beachten, dass das TierSchG in anderen Paragraphen zwischen Tierarten unterscheidet – sowie aller sexueller Praktiken dar. Zum Zwecke der Anschaulichkeit hier einige Beispiele:
    1. Vergleich Vaginalverkehr: Mann–Kaninchen/Mann–Pferd
      Während der Penis eines Mannes eine vielfache Größe des Penis eines Kaninchens erreicht, ist er im Vergleich zum Penis eines Pferdes winzig. Im Falle des Kaninchens ist für einen Vaginalverkehr von einer erheblichen Verletzungsgefahr für das Tier auszugehen – ohne Gewaltanwendung sowieso kaum vorstellbar –, dieselbe Unterstellung für den Geschlechtsverkehr mit dem Pferd ist hingegen absurd. Beim Vaginalverkehr zwischen Mann und Stute ist von keiner relevanten Verletzungsgefahr für das Tier auszugehen.
    2. Beispiel sexuelle Stimulation ohne Penetration (Masturbation)
      Die Masturbation männlicher Tiere ist nicht nur in der Natur zu beobachten, sie kann auch bei vielen Säugetierarten verschiedenster Größe ohne relevantes Verletzungsrisiko für das Tier vorgenommen werden. Das geringe Verletzungsrisiko hierbei ist neben der Inzuchtvermeidung und besserer Chancen der Leistungszucht sogar ein Hauptgrund für den Vorzug künstlicher Befruchtung durch viele Bauern und Züchter gegenüber dem Natursprung bei Tieren wie Pferd und Rind.
      Auch bei weiblichen Tieren, etwa bei Hunden, wird vor der künstlichen Befruchtung eine Stimulation der äußeren Geschlechtsorgane ohne Risiko für das Tier vorgenommen. Im Gegenteil verringert hierbei die Stimulation sogar das Verletzungsrisiko, da es das Tier auf eine Penetration mit dem Samenträger vorbereitet.
    3. Beispiel Vaginalverkehr: Rüde–Frau
      Ein Rüde, der in einer aktiven Rolle eine passive menschliche Frau bespringt und penetriert, kontrolliert selbst die sexuelle Handlung. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, aus welchem er sich hier einem erhöhten Verletzungsrisiko aussetzen würde. Aufgrund der unterschiedlichen Anatomien von Hündin und Frau kommt es bei einer Frau zu keinem ebenso ausgeprägten „Hängen“ der Sexualpartner, wie es unter Kaniden üblich ist und welches bei Unkenntnis und daraus resultierendem Fehlverhalten der Hundehalter oder bei Panik der Tiere eher zu einem Verletzungsrisiko führt, als zwischen Rüde und Frau.
  2. Bei der Frage nach dem vernünftigen Grund ist zu beachten, dass dieser rechtlich nur eine Rolle spielt, insofern das Tier einem erhöhten Risiko von Leiden oder Schmerzen ausgesetzt wird. Trifft dies nicht zu, wie ich für viele Fälle argumentiere, ist die Frage nach einem vernünftigen Grund im Sinne des Gesetzes irrelevant. Dennoch möchte ich auch zum vernünftigen Grund Beispiele nennen:
    1. Der chirurgische Eingriff einer Kastration wird oft damit gerechtfertigt, dass „das Tier dann nicht mehr leiden müsse, weil es wolle und nicht dürfe“ – also bei Hunden zum Beispiel einem Rüden nicht gestattet werden kann, eine Hündin zu bespringen. Das männliche Tier durch Masturbation sexuell zu entspannen erhält im Gegensatz zur Amputation der Keimdrüsen seine körperliche Integrität, seinen natürlichen Hormonhaushalt, impliziert ein erheblich geringeres gesundheitliches Risiko als ein Eingriff unter Vollnarkose mit den bekannten Nebenwirkungen einer Kastration. Diese Alternative ist meiner Auffassung nach ein vernünftiger Grund für die sexuelle Handlung.
    2. Sexuelle Handlungen im Zusammenhang mit künstlicher Befruchtung bei zoologischen Arterhaltungsprogrammen sind ein weiterer vernünftiger Grund.
    Inwiefern ist es ferner Aufgabe das Gesetzgebers, durch ein Tier initiierte sexuelle Handlungen, als nicht hinreichend vernünftig einzustufen? Zur moralischen Dimension komme ich im Folgenden noch detaillierter.

Da also eine Rechtfertigung des Satzes, generalisierend wie er sich darstellt, nicht gegeben ist, schlage ich eine Löschung oder aber deutliche Differenzierung vor.

C   Die Würde des Tieres?

Das Wort Tiere, wie ich es in diesem Zusammenhang verwende, meint ihrer Art entsprechend ausgewachsene, also geschlechtsreife und mental voll entwickelte Individuen. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass diese Tiere sexuelle Wesen sind, einen eigenen Geschlechtstrieb haben und diesem folgen, ungeachtet der von uns formulierten Gesetze.

Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass das natürliche Vorkommen von Geschlechtsverkehr zwischen verschiedenen Spezies in der modernen Wissenschaft anerkannt und dokumentiert ist.3 Dass einige Individuen unserer Haustiere, bei denen der Mensch seit jeher auf manigfaltigen Gebieten ausnutzt, dass diese den Menschen als vollwertigen Teil ihrer Herde/ihres Rudels ansehen, zumindest in Abwesenheit biologischer Artgenossen auch den Geschlechtsverkehr mit Menschen suchen, ist daher eine in Betracht zu ziehende Möglichkeit. Keinesfalls ist es Sache des Gesetzgebers festzuschreiben, was in der Natur vorkommt oder nicht vorkommt. Viele Tierhalter kennen sexuelle Aufforderungen ihrer Tiere aus eigener Erfahrung und bringen den Tieren in der Regel während der Pubertät bei, dass dies für sie inakzeptabel sei.

Nun frage ich – im Lichte ihrer grundsätzlich lobenswerten Betonung und rechtlichen Sicherung der Würde des Tieres – wessen Würde verletzt wird, wenn ein Tier sexuelle Interaktion mit einem Menschen sucht und dieser akzeptiert? Die Würde des Tieres oder die „Würde“ derjenigen Menschen, die diese Vorstellung nicht ertragen wollen oder können? Ich bin leider überzeugt, dass Letzteres zutrifft. Hier wird ein Würdebegriff in das Tier gelegt, welcher dem heutigen gesellschaftlichen Konsens über die Verwendung von Tieren entspricht: Das Tier möglichst schmerzfrei zu schlachten, zu essen, zu Kleidung zu verarbeiten widerspreche seiner Würde nicht, mit ihm sexuell zu verkehren sei hingegen würdelos. Ich bin überzeugt, dass es sich aus der Sicht eines Tieres aber genau anders herum darstellen kann: Ein Tier kann die sexuelle Eroberung eines Menschen, der zum Beispiel eine entscheidende Position in seinem Rudel einnimmt, als Aufwertung empfinden, zumindest aber seinen sexuellen Trieb dabei befriedigen. Getötet, geschlachtet, gegessen oder zu Kleidung verarbeitet zu werden ist hingegen nicht im Interesse des tierischen Individuums – Tiere kämpfen um ihr Überleben.
Ein tierischer Würdebegriff, der Sicht und Nutzen durch den Menschen widerspiegelt, anstatt sich am tierischen Interesse zu orientieren, ist meiner Ansicht nach unangemessen und droht eher Strukturen einer Ausbeutung durch den Menschen zu festigen, als Respekt gegenüber Tieren als Lebewesen und Individuen zu fördern.

Der sexuelle Missbrauch am Menschen wird als „Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ verstanden, wobei die sexuelle Selbstbestimmung sich wiederum aus der menschlichen Würde, wie in Artikel 1 GG festgehalten, ableiten lässt. Durch Ihren Gesetzentwurf wird Tieren aber gerade keine sexuelle Selbstbestimmung eingeräumt: Das Tier hat weder freie Partnerwahl innerhalb seiner Art, noch außerhalb seiner Art, noch eine Fortpflanzungsentscheidung – hierfür müsste auch die künstliche Befruchtung verboten werden –, noch ein Recht auf sexuelle Integrität – also kein Schutz vor Kastration ohne medizinische Notwendigkeit.4

Des Weiteren wird die Würde der Tiere missachtet, indem mit dem Verbot sexueller Handlungen, begründet mit dem Schutz vor Verletzungsgefahr, eine Regelung unabhängig von der Tierart eingeführt wird, deren Gegenstand tatsächlich abhängig von der Tierart ist. Hiermit wird eine Unterscheidung in Mensch einerseits und Tier andererseits rechtlich gefestigt, welche weder in ihrer absoluten Abgrenzung des Menschen von anderen Tieren noch in der vereinheitlichenden Zusammenfassung aller nicht-menschlichen Tiere, bzw. einer großen Gruppe anderer Tiere wie den Säugetieren, biologischen Realitäten entspricht.

Zweifellos: Die Gefahr des sexuellen Missbrauchs eines Tieres durch einen Menschen besteht leider. Wie geschildert, wird ein Generalverbot diesem Problem und den Tieren allerdings nicht gerecht.

Ich schlage daher vor, den Satz zu löschen und wie bisher zur Beurteilung anhand tatsächlich verursachter Schmerzen und Leiden zurückzukehren, oder aber anstatt eines Generalverbotes die „sexuelle Nötigung und Vergewaltigung“ explizit zu verbieten, und diese wie beim Menschen als aufgezwungene sexuelle Handlung zu definieren.

D   Moralgesetzgebung

Die fehlende Klarheit der verwendeten Begrifflichkeiten, die mangelnde Differenzierung zwischen Tierarten und zwischen Arten der sexuellen Handlung in der Begründung des Satzes, die dogmatische Festlegung, es könne keinen vernünftigen Grund für sexuelle Handlungen zwischen Mensch und Tier geben, sowie die Widersprüchlichkeit in der Verwendung des Würdebegriffes führen bei mir zu der Einschätzung, dass mit dem Satz kein Rechtsgut geschützt wird. Weder steht das physische Wohlergehen von Tieren noch ein tierisches Recht auf sexuelle Selbstbestimmung im Vordergrund.

Folglich bleibt der Eindruck, dass es sich hierbei um ein Moralgesetz handelt. Ich fühle mich dabei erinnert an den 1969 im Zuge der Großen Strafrechtsreform aufgehobenen § 175 b StGB:

Die widernatürliche Unzucht, welche von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

Dieser Eindruck wird durch die weitere Argumentation Dr. Maisacks bestärkt, die in Ihrem Entwurf vorgeschlagene Regelung nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern sogar als Straftat einzuführen2:

Nicht zu übersehen ist allerdings, dass durch eine solche Ordnungswidrigkeitenvorschrift (Verstöße gegen § 3 TierSchG sind nur Ordnungswidrigkeiten, vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 4 TierSchG) der o. e. Wertungswiderspruch zu § 184 a StGB unaufgelöst bliebe. Dieser Gedanke könnte es rechtfertigen, die o. e. Formulierung als Tatbestand in eine strafrechtliche Vorschrift aufzunehmen, etwa in einen neuen § 17 a TierSchG.

Begründet wird hier mit einer Analogie zu § 184 a Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schriften StGB. Eine abwegige Verknüpfung, da § 184 a StGB keine Relevanz im Tierschutz besitzt, sondern ausschließlich die Allgemeinheit vor der Konfrontation mit „harter Pornografie“ schützen soll. Die Herstellung von tierpornografischen Darstellungen ohne Verbreitungsabsicht sowie der Besitz sind nicht strafbar. Darüber, wieso Dr. Maisack – und diesmal handelt es sich tatsächlich um sein Fachgebiet Recht – auf solche Rechtfertigungen zurückgreift, kann ich nur spekulieren.

Ich kann nicht verhehlen, dass ich hierüber von Bündnis 90/Die Grünen, welche ich seit meiner Volljährigkeit wegen Ihres Engagements für Umwelt, Frieden und Bürgerrechte schätze und wähle, ganz besonders enttäuscht bin. Den Versuch der Wiedereinführung einer Moralgesetzgebung hätte ich von jeder anderen Partei eher erwartet, als von Ihnen. Was kommt als Nächstes?

Ich hoffe auf die Diskussionsfreudigkeit Ihrer Partei sowie auf die Fähigkeit zur konstruktiven Selbstkritik, welche sie erfreulicher Weise zeigen können, wie kaum eine andere politische Kraft. Ich hoffe darauf, dass sie im Sinne der Tiere und unter Wahrung der Bürgerrechte aus dem jetzigen Entwurf für ein neues Tierschutzgesetz noch einen wirklich Grünen Gesetzesvorschlag erarbeiten.


1
§ 7 Einzelne Verbote (1) 16. Ihres Gesetzentwurfes: „Es ist verboten ... 16. sexuelle Handlungen an einem Tier vorzunehmen oder auf ein Tier einzuwirken, um es zur Duldung solcher Handlungen zu veranlassen.“
2
Dr. Christoph Maisack: Sexuelle Handlungen mit Tieren im Licht von Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht. In: Birgit Schröder (Hg.): Verschwiegenes TierLeid – sexueller Missbrauch an Tieren: Teil IV – Alles was Recht ist.
3
siehe z. B. http://news.nationalgeographic.com/news/pf/9675515.html
4
Notwendigkeit im Sinne des Schutzes des höheren Guts Leben, etwa bei einer Krebserkrankung der Keimdrüsen